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Heizungsgesetz im Koalitionsvertrag: Das bleibt von den alten Regeln übrig

Die neue Koalition aus CDU, CSU und SPD kündigt die Abschaffung des umstrittenen Heizungsgesetzes an. Stattdessen soll ein neues, technologieoffenes GEG entstehen, das auf CO₂-Einsparung statt auf Technikvorschriften setzt.

Saskia Esken, Lars Klingbeil, Markus Söder und Friedrich Merz präsentieren den Koaltionsvertrag von CDU CSU und SPD
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CDU, CSU und SPD haben ihren Koalitionsvertrag vorgestellt – und der hat es energiepolitisch in sich. CDU-Chef Friedrich Merz spricht von einem „Aufbruchssignal“ für Deutschland. Im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit steht dabei ein besonders umstrittenes Gesetz: das sogenannte Heizungsgesetz, offiziell Gebäudeenergiegesetz (GEG).

„Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen“

„Bezahlbarkeit, Technologieoffenheit, Versorgungssicherheit und Klimaschutz sind unsere Ziele für die Modernisierung der Wärmeversorgung.“, heißt es im Vertrag. „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen.“ Das klingt nach einem klaren Schnitt. Doch bereits der nächste Satz zeigt: Ganz so einfach wird es nicht. Denn statt einer ersatzlosen Streichung soll ein neues GEG entstehen – eines, das technologieoffen, flexibler und einfacher werde.

Damit rückt die neue Koalition von der bisherigen Linie der Ampel-Regierung ab, die mit unzureichender Kommunikation der starren Vorgaben für Verunsicherung gesorgt hatte – etwa bei Eigentümer*innen, die sich mit neuen Anforderungen an ihre Heizsysteme konfrontiert sahen. Brandenburgs Infrastrukturminister Detlef Tabbert nennt die Neuausrichtung ein „gutes und überfälliges Signal“, das helfen soll, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.

Der zentrale Maßstab für die künftige Gesetzgebung soll die erreichbare Vermeidung von Kohlenstoffdioxid (CO) sein. Heißt konkret: Nicht mehr die eingesetzte Technik ist entscheidend, sondern der tatsächliche Beitrag zur Emissionsminderung. Das eröffnet Spielräume – etwa für hybride Heizsysteme oder effizientere Übergangslösungen.

Was das im Alltag bedeutet, bleibt vorerst offen. Klar ist aber, dass die Förderprogramme für Heizungstausch und energetische Sanierungen weiterlaufen sollen. Ob auf gleichem Niveau wie bisher, sagt der Vertrag nicht – Spielraum für politische Debatten ist also vorhanden.

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Wärmeplanung und Umsetzung

Ein weiterer Punkt, der viele betrifft: Die neue Koalition will die Verzahnung zwischen dem GEG und der kommunalen Wärmeplanung vereinfachen. Bislang treten viele Regeln erst in Kraft, wenn eine kommunale Planung vorliegt – was je nach Gemeinde frühestens 2026 oder 2028 der Fall ist. Diese zeitliche und administrative Kopplung soll nun entflechtet werden. Ziel ist es, bürokratische Hürden abzubauen und Planungssicherheit zu schaffen.

Doch auch abseits des Heizungsgesetzes bringt der Koalitionsvertrag spürbare Veränderungen – mit Auswirkungen auf Haushalte, Versorgungsunternehmen und die Industrie:

  • Gasnetze sollen dort erhalten bleiben, wo sie für eine verlässliche Wärmeversorgung notwendig sind. Auch eine kontrollierte Nutzung konventioneller Gasförderung im Inland wird in Betracht gezogen.
  • Fernwärme soll gezielt gefördert und gesetzlich gestärkt werden. Vorgesehen sind eine überarbeitete Preisaufsicht sowie eine Schlichtungsstelle für Konflikte zwischen Versorgern und Nutzenden.
  • Reservekraftwerke sollen künftig nicht nur als Notfalllösung dienen, sondern auch helfen, Strompreise zu stabilisieren – ein Signal an energieintensive Betriebe.

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„Transparent, planbar und pragmatisch“

Die Zielmarke der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 bleibt bestehen. Der Weg dorthin soll jedoch „transparent, planbar und pragmatisch“ gestaltet werden. Bis zur Sommerpause 2025 will die Regierung ermitteln, wie es um Strombedarf, Netzsicherheit, Digitalisierung und den Ausbau erneuerbarer Energien steht. Diese Daten sollen die Grundlage für weitere Entscheidungen bilden.

Der Kohleausstieg bis spätestens 2038 bleibt im Plan – allerdings mit einem gewissen Spielraum, abhängig vom Ausbau neuer, steuerbarer Kraftwerkskapazitäten. „Der Zeitplan, Kohlekraftwerke vom Netz oder in die Reserve zu nehmen, muss sich danach richten, wie schnell es gelingt, steuerbare Gaskraftwerke tatsächlich zuzubauen“, so die Vereinbarung. „Ausstehende Berichte aus dem Kohleverstromungsbeendigungsgesetz werden umgehend vorgelegt.“

Der Koalitionsvertrag markiert keine radikale Kehrtwende, aber eine spürbare Kurskorrektur. Statt überkomplexer Vorschriften will die neue Regierung auf Technologieoffenheit, Praktikabilität und CO-Wirkung setzen. Viele der konkreten Förderhöhen und Umsetzungsfristen bleiben jedoch vage – hier wird es auf die Ausgestaltung in Gesetzestexten und Verordnungen ankommen.

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Koalitionsvertrag hinterlässt offene Fragen

Trotz der angekündigten Vereinfachung bleibt unklar, wie viel echte Entlastung die neuen Regeln tatsächlich bringen. Wenn der Koalitionsvertrag zwar von Technologieoffenheit spricht, gleichzeitig aber zentrale Punkte wie Förderhöhen oder konkrete Übergangsfristen im Ungefähren lässt, entsteht wenig Planungssicherheit für Eigentümer*innen und Sanierungswillige. Die Gefahr: Die Verunsicherung der letzten Jahre könnte sich lediglich in anderer Form fortsetzen.

Zudem ist fraglich, ob die CO-Vermeidung als neue Steuerungsgröße ausreicht, um sowohl Klimaziele als auch soziale Gerechtigkeit unter einen Hut zu bringen. Ohne klare Standards und nachvollziehbare Kriterien droht diese Flexibilität zum Einfallstor für Schlupflöcher zu werden – zugunsten kostengünstiger, aber langfristig klimaschädlicher Lösungen.

Nicht zuletzt wirkt der Vertrag an vielen Stellen wie ein politischer Kompromiss statt eines energiepolitischen Neuanfangs. Die ambitionierten Ziele – von der Investitionsoffensive bis zur Fernwärmepreisaufsicht – stehen unter dem Vorbehalt finanzieller Machbarkeit und gesetzlicher Ausgestaltung. Ob daraus ein echter Fortschritt oder bloß ein Aufschub folgt, wird sich erst im politischen Alltag zeigen.

Quellen: Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD; Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg

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