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Industrie vor Bürger: ifo-Experte warnt vor Stromsteuer-Plan der Merz-Regierung

Die Debatte um die Stromsteuer ist noch längst nicht beendet. In den kommenden Monaten könnten sich Kurs und Prioritäten der Bundesregierung erneut verschieben.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Katherina Reiche (CDU), Bundesministerin fuer Wirtschaft und Energie, und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) bei einer Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 8.07.2025 in Berlin
© IMAGO / Andreas Gora / Canva.com [M]

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Die Entscheidung der Bundesregierung, private Haushalte von der Senkung der Stromsteuer auszunehmen, könnte der deutschen Wirtschaft spürbar schaden. Das zeigt eine aktuelle Analyse des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. Während Unternehmen entlastet werden, schauen viele Menschen in Deutschland in die Röhre – mit Folgen für das Vertrauen und die Konjunktur.

Stromsteuer-Plan in der Kritik

„Kommt die Stromsteuersenkung für die privaten Haushalte nicht, fällt eine Entlastung von gut 5 Mrd. Euro weg, die nach unserer Schätzung die BIP-Wachstumsrate in diesem und im kommenden Jahr um zusammengenommen 0,1 Prozentpunkte senken wird“, erklärt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser in einer aktuellen Pressemitteilung.

Doch die wirtschaftliche Wirkung könnte noch größer sein. In den letzten Monaten hat sich die Stimmung bei Verbraucher*innen und Unternehmen langsam erholt. Viele hofften, dass die im Koalitionsvertrag angekündigten Entlastungen bald kommen würden. Dass nun gerade die Haushalte leer ausgehen, dürfte dieses Vertrauen erschüttern. Wollmershäuser warnt: „Werden diese Erwartungen enttäuscht und nimmt die Unsicherheit wieder zu, werden Haushalte und Unternehmen ihre Konsum- und Investitionsausgaben aufschieben.“

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Regierung setzt Prioritäten – zugunsten der Industrie

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verteidigte die Entscheidung: Ziel sei es, vor allem die produzierende Industrie zu unterstützen. „Wir hätten eine Entlastung von bis zu 200 Euro pro Kopf oder pro Haushalt in der Bevölkerung in Deutschland machen können“, betonte er der WirtschaftsWoche zufolge auf dem Treffen des Parlamentarischen Kreises Mittelstand der Unions-Bundestagsfraktion. „Wir machen tatsächlich 150 Euro im Jahr und wir wollen vor allem die produzierende Industrie in Deutschland entlasten.“

Man wolle zunächst sicherstellen, dass Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben. Die Priorität sei „die Wettbewerbsfähigkeit des produzierenden Gewerbes in Deutschland“. Eine Entlastung für private Haushalte ist damit nicht zwingend vom Tisch, aber wohl abhängig von der Haushaltslage.

Tatsächlich hatte sich der Koalitionsausschuss zuletzt nicht auf eine Senkung der Stromsteuer für alle einigen können. Stattdessen wurde etwa die Mütterrente ein Jahr früher vorgezogen – ein klares Signal, wie die Prioritäten derzeit gesetzt werden.

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Wer profitiert – und wer zahlt?

Derzeit liegt die Stromsteuer für private Haushalte bei 2,05 Cent pro Kilowattstunde – deutlich über dem europäischen Mindestwert von 0,10 Cent. Eine Senkung hätte vielen Haushalten eine spürbare Entlastung gebracht: Für eine vierköpfige Familie wären das bis zu 93 Euro im Jahr gewesen.

Während die breite Bevölkerung weiterhin voll belastet wird, plant die Bundesregierung für energieintensive Unternehmen ein großes Hilfspaket: Über drei Jahre hinweg sollen jährlich 4 Milliarden Euro in Form von Stromsubventionen fließen – unter anderem an die Chemie-, Glas- und Metallindustrie. Dabei zeigen Studien wie die des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), dass nur wenige Branchen wirklich stark unter den Stromkosten leiden.

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Credit: Buhl Data Service GmbH

Vertrauensfrage mit wirtschaftlicher Wirkung

Das ifo Institut erwartet für 2025 ein moderates Wachstum von 0,3 Prozent, für 2026 sind 1,5 Prozent prognostiziert. Ob diese Entwicklung tatsächlich eintritt, hängt aber auch vom Vertrauen der Menschen ab – in die Regierung, in ihre Kaufkraft und in die Verlässlichkeit politischer Zusagen.

Denn dass Entlastungen angekündigt, aber nicht umgesetzt werden, bleibt nicht folgenlos. Für viele wirkt es so, als stünden große Unternehmen ganz oben auf der Liste – während sie selbst warten müssen. Und dieses Gefühl kann mehr beschädigen als nur das Vertrauen. Es kann die ganze Erholung ins Wanken bringen.

Ob der industrie-zentrierte Kurs aufgeht, entscheidet sich erst in den nächsten Monaten: Brüssel muss den milliardenschweren Industriestrompreis noch absegnen und verlangt dafür klare CO2-Auflagen – ohne sie könnte das Paket am EU-Beihilferecht scheitern. Gleichzeitig wächst in der Koalition der Druck, die Haushalte doch noch zu entlasten; erste Stimmen sprechen bereits von einer möglichen Kehrtwende, falls die öffentliche Kritik anhält. Dabei zeigt der Rekordanteil erneuerbarer Energien von 62,7 Prozent im deutschen Strommix, dass günstiger grüner Strom immer mehr zum Wettbewerbsfaktor wird – ein Grund mehr, Verbraucher*innen stärker zu beteiligen, statt sie warten zu lassen.

Quellen: ifo Institut; WirtschaftsWoche

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