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Forscher arbeiten an Algorithmen, die Vorhofflimmern erkennen

Die Gesundheitsüberwachung mit elektronischen Gadgets wird immer einfacher. Eine Kooperation zwischen Wissenschaftlern und der Firma Happitech könnte die Identifizierung von Herzrhythmusstörungen vereinfachen.

Dipl.-Ing. Tim Schäck (links) und Dr.-Ing. Michael Muma (rechts) forschen an Algorithmen zur Erkennung von Vorhofflimmern mittels Smartphones.
Dipl.-Ing. Tim Schäck (links) und Dr.-Ing. Michael Muma (rechts) forschen an Algorithmen zur Erkennung von Vorhofflimmern mittels Smartphones. Foto:

Vorhofflimmern gehört zu der Art von Beschwerden, die man meist erst dann bemerkt, wenn es bereits zu spät ist. Bevor es allerdings zum Gau kommt, machen sich kleinere Symptome wie beispielsweise vermehrtes Herzrasen, ein ungleichmäßiger Puls oder schnellere Erschöpfung durch Belastung bemerkbar. Wer sich damit nicht auseinandersetzt, wird diese Symptome als Einzelfälle abtun. In dieser Situation können die Folgen jedoch schwerwiegen und unter anderem in Gefäßverschlüssen sowie Schlaganfällen resultieren.

App empfielt den Arztbesuch

Im Umgang mit Vorhofflimmern sollte weder auf die Diagnose noch auf die Behandlung durch medizinische Fachkräfte verzichtet werden. Um den zumeist nichtsahnenden Betroffenen hierbei den Weg zu ebenen, hat das niederländische Unternehmen Happitech eine neue Smartphone-App entwickelt, die per Smartphone Herzrhythmusstörungen identifizieren kann und im Fall der Fälle dringend zum Arztbesuch rät.

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Gemeinsame Optimierung

Die App nutzt dabei eine Technik namens Photoplethysmographie (PPG). Hat man als Nutzer das Smartphone in der Hand, dann muss nach Aktivierung der App lediglich ein Finger auf der Kamera platziert werden, sodass er von dem Licht des Smartphones durchleuchtet werden kann. Die Kamera nimmt dann zunächst ein rötliches Bild auf, das für den Laien selbst wohl nur als wenig aussagekräftig empfunden werden dürfte.

Mit dem weiteren Fortschreiten des Vorgangs wird allerdings klar, dass die Algorithmen nicht nur auf ein einzelnes diffuses Bild verlassen. Vielmehr werden Veränderungen in Farbton und Blutfluss analysiert und sollen Aufschluss über potentielle Unregelmäßigkeiten geben. Hier, wo die ersten Zeichen des Vorhofflimmerns erkennbar und messbar werden, beginnt die Kooperation zwischen den Wissenschaftlern der TU Darmstadt und den Experten des Konzerns aus den Niederlanden.

Zusammen optimierten sie zunächst ein Verfahren, mit dem die Bilder aus der Handykamera so verarbeitet werden, dass ein eindimensionales Signal entsteht. Dieses wird dann von ebenfalls an der TU mitentwickelten Algorithmen verarbeitet und klassifiziert: Die Technik kann Vorhofflimmern, einen normalen Sinusrhythmus und Artefakte, die zum Beispiel durch zu starke Bewegungen des Fingers auf der Kamera entstehen, voneinander unterscheiden. „Wie können wir ein möglichst sauberes, aussagekräftiges Signal extrahieren, und mit welchen Mitteln können wir diese Signale dann klassifizieren?“ fasst Dipl.-Ing. Tim Schäck zusammen, der die Forschung und Entwicklung an der TU zusammen mit seinem Kollegen Dr.-Ing. Michael Muma betreute.

Potentielle Massentauglichkeit

Wie die meisten Algorithmen unterliegen auch die der Happitech-App einem ausgedehnten Entwicklungs- und Testungsprozess, in dessen Rahmen bereits tausende Herzsignale untersucht, analysiert und eingeordnet wurden. Auf einem unter optimalen Bedingungen in Krankenhäusern aufgenommenen Datensatz erzielten sie bereits Trefferquoten von nahezu 100 Prozent. „Allerdings müssen die Algorithmen an einer möglichst großen Datenmenge trainiert und getestet werden, um am Ende in einer massentauglichen und medizinisch akkuraten App arbeiten zu können“, sagt Tim Schäck.

Die Verarbeitung photoplethysmografischer Signale ist Teil des Fachgebiets der Signalverarbeitung im Forschungsfeld der Medizintechnik. In diese Kategorie fällt auch dieser Beitrag zur Entdeckung von Vorhofflimmern. Neben ihrem aktuellen Projekt in Zusammenarbeit mit den Experten von Happitech befassen sich die Wissenschaftler der TU Darmstadt außerdem mit Schätzungen der Herzrate über das Handgelenk und arbeiten an Verfahren der Blutdruckbestimmung. Dazu gehört unter anderem auch die Diagnose arterieller Gefäßsteifigkeit. Laut Michael Muma ist das Team der PPG-Verarbeitung dabei gut aufgestellt.

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