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Coronavirus-Ausbreitung eindämmen: Ein Faktor ist dabei ausschlaggebend

Um die Coronavirus-Ausbreitung richtig einschätzen zu können, orientieren sich Experten vor allem an einem Faktor. Er ist ausschlaggebend für das weitere Vorgehen.

Virus verbreitet sich um die Erde.
Die Coronavirus-Ausbreitung hängt von einem Faktor ab. Foto: iStock/Irina Shibanova

Um eine Infektion richtig einschätzen zu können, orientieren sich Experten an einem Faktor: Der Basisreproduktionszahl R0. Sie gilt als ein zentrales Konzept der Epidemiologie. Anhand dieser Zahl wird bestimmt, wie viele Menschen durch einen Infizierten im Schnitt angesteckt werden. Dabei wird von idealisierten Umständen ausgegangen. Das heißt auch, dass davon ausgegangen wird, dass noch keiner gegen den Erreger immun ist. So soll nun auch die Coronavirus-Ausbreitung eingeschätzt werden.

Coronavirus-Ausbreitung: Das konzeptuelle Szenario

Das Masernvirus ist extrem ansteckend. R0 liegt hier bei 15 bis 18. Das bedeutet, ohne eine Impfung oder die Immunität von Menschen, würde ein mit Masern infizierter Mensch im Schnitt 15 bis 18 Menschen anstecken. Die Basisreproduktionszahl R0 für die saisonale Grippe liegt hingegen nur bei 0,9 bis 2,1. Das Robert-Koch-Institut stuft R für die Coronavirus-Ausbreitung bei 2,4 bis 3,3 ein.

Dieser R0-Wert hilft dabei einzuschätzen, ob ein Virus eine Epidemie auslösen kann. Bei einem Wert unter 1, wird also durchschnittlich eine Person angesteckt. Die Verbreitung würde von alleine verebben. Ein Wert über 1 macht das Ganze schon komplizierter: Denn die Zahl der Infizierten wächst, wenn nicht für Immunität durch Kontrollmaßnahmen gesorgt wird. Anhand von mathematischen Modellen kann eine Epidemie simuliert werden.

Theorie und Praxis sind sehr unterschiedlich

Das alles klingt einfacher, als es letztendlich ist. Der R0-Wert lässt sich nicht so einfach bestimmen. Die direkte Berechnung könnte erfolgen, indem drei Parameter miteinander verknüpft werden:

  1. Wie häufig Infizierte Kontakt zu anderen Menschen haben
  2. Wie wahrscheinlich eine Ansteckung beim Kontakt ist
  3. Wie lange Infizierte ansteckend sind

Diese Parameter lassen sich durch die Kontaktverfolgung bestimmen. Doch das gilt dann nur für den Beginn einer Epidemie. Werden Quarantänemaßnahmen umgesetzt, verändert sich auch das Verhalten des Erregers. Der Reproduktionswert verändert sich dadurch auch und könnte vom echten Wert abweichen.

Coronavirus – Alle wichtigen Infos
Coronavirus – Alle wichtigen Infos

Eine weitere Methode ist das Schätzen anhand der Zahl der gemeldeten Infizierten. Durch Differenzialgleichungen können Modelle der Epidemie-Dynamik gebildet werden. Dafür wäre keine Kontaktverfolgung notwendig. Allerdings bleiben bei dieser Methode viele Annahmen unbeachtet.

Der R-Wert ist kein fester Wert. Das Kontaktverhalten von uns Menschen hat Einfluss darauf. Daher kann sich in unterschiedlichen Gesellschaften auch ein anderer Reproduktionswert für denselben Erreger ergeben. R0 beschreibt also das Potenzial eines Virus unter idealen Bedingungen. Die effektive Reproduktionszahl R hingegen misst die durchschnittliche Ausbreitung pro Infizierten während der Epidemie. Dieser nimmt währenddessen ab.

Wie steht es um die Coronavirus-Ausbreitung?

Um also die Coronavirus-Ausbreitung einzudämmen, muss R dauerhaft unter 1 gehalten werden. Das Robert-Koch-Institut gab eine Schätzung für den Verlauf von R ab. Anfang März lag R bei 3. Seit dem 22. März stabilisiert sich die Coronavirus-Ausbreitung bei einem Wert von 1. Schließlich wurde am 20. April eine effektive Reproduktionszahl von 0,8 berechnet. Eine durchaus positive Entwicklung.

Doch könnte die Dunkelziffer der Covid-19-Infizierten das Bild verzerren – oder nicht? Da bei der Reproduktionszahl nur der Trend einer Epidemie betrachtet wird, ist dies nicht entscheidend. Im nächsten Schritt müsste R nicht nur für ganz Deutschland betrachtet werden, sondern für einzelne Gruppen und Bereiche eingeschätzt werden. So könnten gezieltere Maßnahmen getroffen werden.

Dafür müssen nun zwei Faktoren genauer betrachtet werden:

  • Die Generationszeit: Die Zeit, die ein Erreger benötigt, um sich auf einen anderen Menschen zu übertragen
  • Die seriellen Intervalle: Die durchschnittliche Zeit, die sich zwischen dem Symptombeginn und der Folgefälle vergeht.

Beide Zahlen hängen von den gesellschaftlichen Umständen ab. Das Robert-Koch-Institut schätzt die Generationszeit auf vier Tage.

Wie sieht die Zukunft mit Covid-19 aus?

Insgesamt lässt sich aber sagen, dass die Kontrollmaßnahmen, denen wir momentan unterlegen, ihre Wirkung zeigen. Die Reproduktionszahl muss nur noch dauerhaft auf 1 gehalten werden. Im nächsten Schritt könnte man die Immunität der Bevölkerung in Angriff nehmen. Bei R = 3 müsste man dafür sorgen, dass zwei weitere Personen nicht angesteckt werden. Dafür müssten 66 Prozent der Bevölkerung immun sein.

Um die Coronavirus-Ausbreitung einzuschränken, könnte auch ein Impfstoff helfen. Allerdings geht ein WHO-Experte davon aus, dass ein Coronavirus-Impfstoff niemals entwickelt wird. Nicht verzweifeln: Gute Nachrichten zum Coronavirus.

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