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„Fast unsichtbar“: Forscher entdecken mysteriöses Phänomen unter der Erde

Ein Tsunami sorgte 2021 für Schlagzeilen. Lange wusste die Wissenschaft aber nicht, wie die Riesenwelle entstand.

Zentrum der Südlichen Sandwichinseln in der Nähe der Antarktis
Der Tsunami entsprang den Südlichen Sandwich Inseln. © Getty Images/USGS/ NASA Landsat/Orbital Horizon/Gallo Images

Wissenschaftler haben die Quelle eines mysteriösen Tsunamis entdeckt, der im Jahr 2021 über die Weltmeere hinwegfegte. Ausgelöst wurde die Riesenwelle von einem Erdbeben der Stärke 7,5 in der Nähe der Südlichen Sandwichinseln im subantarktischen Südatlantik. Konkret interessierten sich die Forscher dabei für zwei Merkwürdigkeiten. Einerseits lag das Epizentrum des Phänomens in einer Tiefe von 47 Kilometern – man ging bis dato nicht davon aus, dass eine Erschütterung in solcher Tiefe einen Tsunami auslösen könne. Andererseits stellten sie an diesem Ort eine geologische Verwerfung von fast 400 Kilometern länge fest. Normalerweise hätte diese weit geringer ausfallen müssen.

Tsunami 2021: „Verstecktes“ Beben war der Grund

Die Forscher zeigten auf, dass es sich bei dem Erdbeben nicht um ein einzelnes Ereignis handelte. Vielmehr waren es fünf Unterbeben, die sich über mehrere Minuten erstreckten. Das dritte, ein Beben mit der Stärke 8,2 ereignete sich nur 15 Kilometer unter der Erdoberfläche. Dieses „versteckte“ Erdbeben war wahrscheinlich der Auslöser für den Tsunami.

Da das Erdbeben auf den Südlichen Sandwichinseln so komplex war, war sein seismische Signal schwer zu interpretieren. Das bestätigt auch Zhe Jia, ein Seismologe am California Institute of Technology. Gemeinsam mit zwei Kollegen veröffentlichte Jia seine Ergebnisse im Rahmen einer Studie in den Geophysical Research Letters.

Das Signal des Unterbebens sei erst deutlich geworden, als das Team die Wellen filterte. Erst ab einer Periode von 500 Sekunden wurde das 200 Sekunden dauernde Beben sichtbar. Jia zufolge habe die Erschütterung mehr als 70 Prozent der bei dem Beben freigesetzten Energie ausgemacht.

„Großartiges Beispiel“

„Das dritte Ereignis ist etwas Besonderes, denn es war riesig, und es war still. In den Daten, die wir normalerweise [für die Erdbebenüberwachung] betrachten, war es fast unsichtbar. Wir müssen die Art und Weise, wie wir die Erdbeben- und Tsunamigefahr eindämmen, neu überdenken. Dazu müssen wir die tatsächliche Größe großer Erdbeben sowie ihre physikalischen Prozesse schnell und genau charakterisieren.“

Zhe Jia (via American Geophysical Union)

Dieses Ereignis zeige, dass es schwierig sein kann, die Risiken komplexer Beben vorherzusagen. Zunächst habe das United States Geological Survey, eine wissenschaftliche Behörde im Geschäftsbereich des Innenministeriums der Vereinigten Staaten, ein Erdbeben der Stärke 7,5 angezeigt. Erst am darauffolgenden Tag habe es das dritte der Unterbeben hinzugefügt. Grund dafür war der Tsunami, der zu diesem Zeitpunkt auf die rund 10.000 Kilometer von seinem Epizentrum entfernte Küste traf.

Bei diesen komplexen Ereignissen würden Beben häufig unterschätzt. Erst die großen Schäden durch den resultierenden Tsunami würden Hinweise auf die tatsächliche Sterke des Bebens geben, sagt die Geologin Judith Hubbard. Die Studie sei „ein großartiges Beispiel dafür, wie wir verstehen können, wie diese Ereignisse ablaufen, und wie wir sie schneller erkennen können, damit wir in Zukunft besser gewarnt werden können.“

Quellen: „The 2021 South Sandwich Island Mw 8.2 Earthquake: A Slow Event Sandwiched Between Regular Ruptures“ (2022, Geophysical Research Letters); American Geophysical Union

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