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Größte Galaxie entdeckt: Sie dürfte eigentlich gar nicht existieren

Die größte Galaxie, die jemals erblickt wurde, haben Wissenschaftler:innen in einer Entfernung von drei Milliarden Lichtjahren entdeckt.

Orion-Nebel
Die Entstehung des Universums zog sich über mehr als eine Milliarde Jahre. © Getty Images/Javier Zayas Photography

Seit Jahrtausenden untersuchen wir Menschen die Sterne. Doch erst seit einigen Jahrhunderten beginnen wir, mehr und mehr zu verstehen. Vor allem im Laufe der vergangenen paar Jahrzehnte ist die Forschung auf immer neue Objekte gestoßen, die ihre Aufmerksamkeit für sich beanspruchen. Neue Monde, Planeten, Sterne und ganze Galaxien mitsamt der in ihnen verborgenen Schwarzen Löcher hat sie in unser Bewusstsein geführt. Nun gelang Astronom:innen ein neuer Durchbruch: Sie haben die größte Galaxie entdeckt, die bislang bekannt ist.

Größte Galaxie nach antiker Sage benannt

Dieses gigantische Gebilde aus unzähligen Himmelskörpern befindet sich in einer Entfernung von etwa drei Milliarden Lichtjahren zu unserer Milchstraße. Es handelt sich dabei um eine Radiogalaxie mit einem Durchmesser von beispiellosen fünf Megaparsec (Mpc) – das entspricht circa 16,3 Millionen Lichtjahren. Zum Vergleich: Die Milchstraße hat einen Durchmesser von gerade mal 105.700 Lichtjahren (ca. 0,03 Parsec). Damit ist die größte Galaxie rund 154 mal so groß wie die unsere.

Nicht umsonst gaben ihre Entdecker:innen ihr den Namen Alcyoneus (dt.: Alkyoneus). Diese griechische Sagengestalt kam als Sohn der Gaia und des Uranos zur Welt. Nach seinem Bruder Pindar gilt Alkyoneus als der älteste Gigant. Und gigantisch ist wahrlich auch jener Sternhaufen, der nun seinen Namen trägt.

Martijn Oei von der Sternwarte Leiden in den Niederlanden und sein Team veröffentlichten ihren im Fachjournal Astronomy & Astrophysics (via arXiv.org) und erklären darin mitunter einige der Besonderheiten, die mit der Galaxie einhergehen. Denn es handelt sich bei Alcyoneus nicht um irgendeine x-beliebige Ansammlung von Himmelskörpern, sondern um eine Radiogalaxie. Will heißen: Sie gibt ausgesprochen starke Kontinuums-Synchrotronstrahlung ab, die im Radiowellenbereich beobachtet werden kann. Ihr Einflussbereich erstreckt sich mitunter aufgrund des aktiven supermassereichen Schwarzen Lochs in ihrem Kern weit über ihre sichtbaren Regionen hinaus.

Fund wirft neue Fragen auf

Im Rahmen ihrer Studie weisen die Wissenschaftler:innen darauf hin, dass annähernd tausend Radiogalaxien bekannt sind. Nur etwa 100 erreichten bisher eine Größe von mehr als zwei Mpc. Lediglich zehn von ihnen sind größer als drei Mpc. Das bis dato größte bekannte Exemplar hatte einen Durchmesser von circa 4,9 Mpc. Mit der Entdeckung von Alcyoneus trifft das Team aber nicht nur auf einen neuen Rekordhalter. Denn die nun größte Galaxie verfügt über ein Merkmal, das den bisherigen Stand der Forschung etwas ins Wanken bringt.

Es handelt sich bei diesem Exemplar um eine elliptische Galaxie, deren galaktisches Zentrum, das Schwarze Loch Alcyoneus*, etwa 400 Millionen Mal die Masse der Sonne hat. Sigittarius A*, das Zentrum der Milchstraße, verfügt über etwa 3,7 Millionen Sonnenmassen. Nach bisherigem Stand der Forschung dürfte es so gar also gar nicht existieren. Denn bislang ging diese davon aus, dass weit größere Schwarze Löcher nötig seien, um Galaxien solcher Ausmaße zu binden. Die Astronom:innen schließen:

„Sehr massereiche Galaxien oder zentrale Schwarze Löcher sind nicht notwendig, um große Riesen zu erzeugen, und wenn der beobachtete Zustand repräsentativ für die Quelle über ihre gesamte Lebensdauer ist, ist auch eine hohe Radioleistung nicht notwendig.“

M. Oei et al. (via arXiv.org)

Damit steht das Team vor neuen Fragen. Allen voran: Was ist denn nun nötig, um ein Gebilde wie die größte Galaxie zu schaffen?

Erste Hypothesen

Eine Überlegung der Forscher:innen besagt, Alcyoneus bewege sich in einer Region des Weltraums, die eine geringe Dichte aufweise. Dadurch sei einer weit größere Expansion möglich. Andererseits sei es möglich, dass die Wechselwirkung der Galaxie mit dem kosmischen Netz eine Rolle bei ihrem Wachstum spiele. Dabei handelt es sich um ein schier endloses Netzwerk gigantischer fadenförmiger Gas-Strukturen, die das gesamte Universum durchziehen.

Welche Hypothese sich auch immer bewahrheiten Möge, braucht es zunächst noch einige Zeit der Forschung, um Alcyoneus und die Gründe für die Größe des Sternenhaufens vollends zu begreifen.

Quelle: „The discovery of a radio galaxy of at least 5 Mpc“ (2022; Astronomy & Astrophysics)

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