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Wo ist das Schwarze Loch? Forscher überfragt – weil sie eines nicht finden können

Schwarze Löcher beschäftigen die Forschung schon seit langer Zeit. Und immer wieder findet man neue Exemplare mit ganz eigenen faszinierenden Eigenschaften. Nun aber glänzt eine neue Entdeckung durch ihre Abwesenheit.

Schwarzes Loch im Weltall
Schwarze Löcher geben der Wissenschaft viele Rätsel auf. © imago images / YAY Images

Forschende wissen eigentlich schon seit einer ganzen Weile, wie sie ein Schwarzes Loch im Weltall ausfindig machen können. Im Zuge einer neuen Entdeckung stehen sie aber plötzlich vor dem großen Nichts – und sie wissen nicht, wieso eigentlich. Denn dort, wo sie eines ganz sicher vermuteten, fanden sie etwas anderes vor, das es eigentlich gar nicht geben dürfte.

Kein Schwarzes Loch: „Übergewichtiger“ Neutronenstern gefunden

In ihrer Studie beschreiben die Experten und Expertinnen ihren neuen Fund. Darin geht es um einen „übergewichtigen“ Neutronenstern. Das extrem massive Objekt soll durch die Verschmelzung zweier kleinerer Neutronensterne entstanden sein. Das führt in der Regel sofort zur Entstehung eines Schwarzen Lochs. In diesem Fall aber nicht.

„Solch einen massiven Neutronenstern mit einer langen Lebenserwartung kann man sich normalerweise nicht als möglich vorstellen“, so die federführende Wissenschaftlerin der Untersuchung Dr. Nuria Jordana-Mitjans in einem Statement laut dem britischen Guardian. „Es ist ein Mysterium, warum dieser so langlebig war“, ergänzte sie.

Beobachtung irritiert Forschung – es gibt aber erste Ideen

Jordana-Mitjans und ihr Team konnten das entsprechende Objekt mehr als einen Tag beobachten, ehe es dann aus ihrem Sichtfeld verschwand. Bis dahin brachte es aber gängige Theorien komplett durcheinander. Neue Denkansätze müssen also her. Prof. Carole Mundell, Ko-Autorin der Studie, glaubt etwa, dass etwas den Stern daran gehindert habe, „zu bemerken, wie massereich er doch ist“.

Dies könnte dadurch passiert sein, weil der Stern sich so schnell mit solch immensen Magnetfeldern gedreht habe, dass der Zusammenfall in ein Schwarzes Loch verzögert wurde. So ähnlich also, wie Wasser in einem Eimer bleibt, wenn man ihn nur schnell genug umherschwingt. Für Mundell könnte dies demnach der allererste Blick auf einen sich drehenden hypermassiven Neutronenstern „in freier Natur“ gewesen sein.

Übrigens: Das ist nicht der erste Fund im Weltall, bei dem Forschende etwas anderes entdeckten als erwartet. Vor Kurzem fand die NASA eine seltsame Leerstelle, bei der es sich ebenfalls um kein Schwarzes Loch handelt.

Neue Möglichkeiten für Forschung

Im Zusammenhang mit der Entdeckung ergibt auch noch eine weitere Frage: Denn der Neutronenstern wurde gefunden, weil man einen sogenannten Gammablitz wahrgenommen hatte. Gammablitze sind extrem energiereiche Ereignisse im All, von denen man bislang annahm, dass sie von den Polen eines neugeformten Schwarzen Lochs stammen.

Da aber ein solches nicht vorliegt, muss der Blitz also vom Neutronenstern selbst gekommen sein. Das könnte auf einen bislang unbekannten Vorgang hinweisen. Der genaue Prozess ist aber nur schwer zu rekonstruieren. Nichtsdestotrotz könnten sich aus der Untersuchung neue Erkenntnisse zur inneren Struktur von Neutronensternen ergeben.

Quelle: The Guardian, „A Short Gamma-Ray Burst from a Protomagnetar Remnant“ (Astrophysical Journal, 2022)

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