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Physik: Forscher entschlüsseln Geheimnis der Quantenebene

Bislang ist die Quantenebene ein kaum erforschtes, weitgehend theoretisches Konstrukt. Eine neue Studie könnte das ändern.

Visualisierung der Quantenebene
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Was sind Gravitationswellen?

Albert Einstein stellte mit seiner allgemeinen Relativitätstheorie unser Verständnis von Physik auf den Kopf. Demnach krümmen schwere Objekte im Universum die Raumzeit.


Aktuelle Studien am Thomas Jefferson National Accelerator Facility (Jefferson Lab) des US-Energieministeriums haben neue Erkenntnisse über die Gravitation auf der Quantenebene geliefert. Zum ersten Mal ist es Forschenden gelungen, eine detaillierte Darstellung der Verteilung der starken Kraft innerhalb eines positiv geladenen Hadrons zu erfassen. Diese Kraft übt einen erheblichen Druck auf die Quarks aus, die fundamentalen Bausteine, aus denen sich das Proton zusammensetzt.

Quantenebene: Forschende entschlüsseln das Proton

Eine neue von Volker Burkert, Hauptwissenschaftler am Jefferson Lab, geleitete Studie hebt die immense Kraft hervor, die nötig ist, um ein Quark aus seiner protonischen Bindung zu lösen. „In der Spitze ist das mehr als eine Kraft von vier Tonnen, die man auf ein Quark ausüben müsste, um es aus dem Proton herauszuziehen“, erklärte Burkert.

„Die Natur erlaubt es uns natürlich nicht, nur ein Quark aus dem Proton herauszulösen, weil es eine Eigenschaft der Quarks gibt, die man ‚Farbe‘ nennt. Es gibt drei Farben, die die Quarks im Proton mischen, um es von außen farblos erscheinen zu lassen, eine Voraussetzung für seine Existenz im Raum. Der Versuch, ein farbiges Quark aus dem Proton herauszuziehen, erzeugt ein farbloses Quark/Anti-Quark-Paar, ein Meson, das mit der Energie, die man zur Trennung des Quarks einsetzt, ein farbloses Proton (oder Neutron) zurücklässt. Die 4 Tonnen sind also eine Veranschaulichung für die Stärke der Kraft, die dem Proton innewohnt.“

Volker Burkert

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Alte Theorien, neue Methoden

Die Untersuchung der mechanischen Eigenschaften des Protons baut auf Theorien auf, die bis in die 1960er Jahre zurückreichen. Aber zu dieser Zeit habe es keine Möglichkeit gegeben, sie genauer zu erforschen, betont Latifa Elouadhriri, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Jefferson Lab und Mitautorin der Studie.

Basierend auf Daten der Continuous Electron Beam Accelerator Facility (CEBAF) und mittels tiefgreifender virtueller Compton-Streuung konnten die Forschenden die Quantenebene auf eine neue Weise untersuchen. Ihre Ergebnisse schlagen eine Brücke zwischen den Theorien der Gravitation und den quantenmechanischen Interaktionen zwischen subatomaren Partikeln.

Die virtuelle Compton-Streuung (DVCS) ist ein Vorgang, bei dem ein Elektron mit einem Proton zusammenstößt und dabei ein Photon (ein Lichtteilchen) aussendet. Das Proton wird dabei leicht verändert. Man kann sich das so vorstellen, als würde man einen Ball gegen eine Wand werfen, der dabei ein Funkenlicht erzeugt und die Wand minimal verändert. Dieser Prozess hilft Forschenden, die innere Struktur von Protonen zu verstehen, indem er wie ein mikroskopischer Blick in ihr Inneres wirkt.

Theoretiker*innen wie Maxim Polyakov von der Ruhr-Universität Bochum legten die Grundlage für die Verbindung von DVCS-Prozessen mit gravitativen Interaktionen. Diese theoretische Basis hat es Forschenden ermöglicht, die Struktur des Protons in Bezug auf Kräfte, Druck und physische Dimensionen zu erforschen und macht die abstrakten Konzepte der Teilchenphysik sowie der Quantenebene zugänglicher.

„Erst der Anfang von etwas viel Größerem“

„Dieser Durchbruch in der Theorie stellte die Beziehung zwischen der Messung der tiefen virtuellen Compton-Streuung und dem Gravitationsformfaktor her“, so Burkert. „Und wir konnten das zum ersten Mal nutzen und den Druck extrahieren, den wir in der Nature-Veröffentlichung von 2018 beschrieben haben, und jetzt auch die Normalkraft und die Scherkraft.“

Die Ergebnisse der neuen Studie haben bedeutende Auswirkungen auf unser Verständnis der mechanischen Eigenschaften des Protons. Neben der Messung des internen Drucks des Protons hat das Forschungsteam nun dessen Massenverteilung, Drehimpuls und Scherstress beleuchtet.

Blickt man nach vorne, planen die Forschenden, die DVCS-Daten weiter zu analysieren, um die mechanische Größe des Protons zu bestimmen. Sie zielen darauf ab, neuere, detailliertere Experimente zu nutzen, die die DVCS-Forschung am Proton und der Quantenebene fortsetzen. „Meiner Meinung nach ist dies erst der Anfang von etwas viel Größerem“, so Elouadhriri. „Es hat bereits die Art und Weise verändert, wie wir über die Struktur des Protons denken.“

Quellen: „Colloquium: Gravitational form factors of the proton“ (Reviews of Modern Physics, 2023); Thomas Jefferson National Accelerator Facility; „The pressure distribution inside the proton“ (Nature, 2018)

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