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Menschenopfer: Das zogen Archäologen aus einem dänischen Moor

Der Leichnam, der den grausigen archäologischen Fund darstellt, wurde übel zugerichtet. Weitere Untersuchungen legen die Geschichte des Toten offen.

Skelett bei Ausgrabungsstätte
© Microgen - stock.adobe.com

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Forschende machten bereits 1915 einen erschreckenden archäologischen Fund. In einem dänischen Moor entdeckte man die Leiche eines Mannes. Erste Untersuchungen weisen darauf hin, dass er ermordet wurde. Mithilfe moderner Analysemethoden konnten Forschende nun weitaus mehr über den sogenannten „Vittrup-Mann“ herausfinden.

Archäologischer Fund: Ein 5.000 Jahre altes Menschenopfer

Vor knapp 5.000 Jahren warfen einige den Mann mitsamt zertrümmertem Schädel ins Moor. Womöglich war der beigelegte Knüppel die Mordwaffe. Mindestens acht Mal muss man auf den Kopf des Mannes eingeschlagen haben, bis die Tat als vollbracht galt.

Untersuchungen des archäologischen Funds weisen darauf hin, dass er in einem Alter zwischen 30 und 40 Jahren war, als er ermordet wurde. Kulturhistorisches Wissen weist darauf hin, dass es sich bei dem Mord mit aller Wahrscheinlichkeit nach um eine rituelle Tötung handelte.

Genaue Hintergründe des Menschenopfers haben Forschende in einer Studie untersucht. Selbes gilt für die Lebensgeschichte des Mannes, der sich maßgeblich von seinen Nachbarn unterschied. Die Hautfarbe könnte darauf hinweisen, dass es sich bei dem archäologischen Fund um einen einstigen Sklaven handelte. Genauso gut könnte er aber auch ein gleichgestelltes Mitglied in der Gesellschaft gewesen sein. Doch wie wurde er dann zum Menschenopfer?

Sozialer Status nur schwer festzustellen

Der archäologische Fund bietet zu wenig Anhaltspunkte, um seinen sozialen Status festzustellen. Vom Skelett ist schlichtweg zu wenig übrig geblieben. Da er nicht in seiner Behausung starb oder das sumpfige Grab mit Grabbeigaben ausgestattet wurde, wie es bei einer klassischen nordischen Bestattung üblich gewesen wäre, konnten auch keine Indizien zu seinem eventuellen Wohlstand ermittelt werden.

Auch die Annahme, dass es sich um ein Menschenopfer handelt, gibt keine Auskunft über seinen Rang in der dort ansässigen Gesellschaft. Laut Anders Fischer und Karl-Göran Sjögren von der Universität Göteborg, die Teil des interdisziplinären Teams sind, das diesen archäologischen Fund untersucht, wären zwei Extreme denkbar.

Zum einen könnte es sich bei dem Vittrup-Mann, obendrein benannt nach seinem Fundort im heutigen Dänemark, um einen Menschen von untergeordneter gesellschaftlicher Rolle gehandelt haben. Zum anderen gibt es auch Belege, dass manche Gesellschaften die wertvollsten Mitglieder ihrer Gesellschaft opferten.

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Skelett-Analyse ergibt Hinweis auf Herkunft

Obwohl sich die Frage nach dem sozialen Status der Verstorbenen nicht mehr klären kann, erzielte das Forschungsteam andere wertvolle Erkenntnisse. Sie analysierten den Schädel, die Beinfragmente und die Zähne des Mannes. Bei der Untersuchung der im Zahn erhaltenden Isotope fand das Team beispielsweise heraus, dass er die Jugend in einem kälteren Klima verbracht haben muss. Er kam also vermutlich aus nördlicheren Gefilden und gelangte dann später erst nach Dänemark.

Auch die entsprechende Ernährungsumstellung lässt sich durch die Zahnanalyse feststellen, weiß Spektrum. So muss der heutige archäologische Fund in seinen Jugendjahren vor allem Fisch zu sich genommen haben. Später – nach seinem Umzug – nahm er dann vor allem landwirtschaftliche Erzeugnisse zu sich.

Weite Wanderungen zu Wasser und zu Fuß

Diese Erkenntnisse weisen darauf hin, dass der Mann Nachfahre verdrängter Jäger- und Sammlergruppen aus dieser Region gewesen sein muss. Aufgrund anderer archäologischer Funde weiß man, dass die mittelsteinzeitlichen Jäger*innen und Sammler*innen aus dem heutigen Vittrup von Zuwanderer*innen aus dem fernen Südosten verdrängt wurden.

Entsprechend wuchs der Tote weiter im Norden am Meer auf. Im Laufe seines jungen Erwachsenenlebens muss er eine lange Reise über das Meer zum letztendlichen Tatort gemacht haben. Für die Forschenden beweist das, dass die damaligen Kulturen bereits ausgeprägtes Wissen im Bereich des Bootsbaus gehabt haben müssen. Die direkteste Route zählt immerhin 75 Kilometer über das offene Meer. Entsprechend müssen er oder potentielle Begleiter*innen auch seetüchtig gewesen sein.

Alles in allem zeigt der archäologische Fund eine beeindrucke Wanderung zu Fuß und zu Wasser sowie ein grausiges Schicksal eines vergleichsweise jungen Mannes. Zwar wissen wir nun dank entsprechender Analysemethoden mehr über das Leben und die Herkunft des archäologischen Fundes. Doch der Grund für das Menschenopfer wird wahrscheinlich auf ewig ein Rätsel bleiben.

Quelle: „Vittrup Man–The life-history of a genetic foreigner in Neolithic Denmark“ (PLOS ONE, Februar 2024), Spektrum

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