Ein neuer archäologischer Fund wirft ein düsteres Licht auf das Leben unserer frühen Vorfahren. In einer Höhle im Norden Spaniens haben Forschende Knochen entdeckt, die zeigen, dass schon vor 850.000 Jahren Kannibalismus keine Ausnahme war. Besonders erschreckend: Unter den Opfern befand sich auch ein kleines Kind.
Archäologischer Fund mit Gruselfaktor
Bei dem archäologischen Fund handelt es sich um einen Halswirbel eines Homo antecessor. Das uralte Menschenkind war dabei nach Schätzungen der Wissenschaftler*innen gerade einmal zwischen zwei und fünf Jahre alt. Schnittspuren am Knochen belegen, dass dabei sogar der Kopf abgetrennt wurde. „Dieser Fall ist besonders bemerkenswert, nicht nur wegen des Alters des Kindes, sondern auch wegen der Präzision der Schnittspuren“, sagte Dr. Palmira Saladié, Co-Leiterin der Ausgrabung in Gran Dolina, in einer Mitteilung des Katalanischen Instituts für Paläoökologie und soziale Evolution des Menschen (IPHES).
Die Forschenden sehen den archäologischen Fund also als klaren Beleg dafür, dass der Homo antecessor genauso Artgenossen zerlegte und verspeiste, wie es auch mit Beutetieren passierte. In derselben Höhle in Atapuerca tauchten dabei insgesamt zehn menschliche Skelette mit ähnlichen Spuren auf. Viele Knochen zeigen dabei eben auch absichtliche Brüche, wie man sie von Tierknochen kennt. „Es wurden menschliche Bissspuren an den Knochen festgestellt – dies ist der zuverlässigste Beweis dafür, dass die an der Fundstelle gefundenen Körper tatsächlich verzehrt wurden“, erklärte Saladié gegenüber Live Science.
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Zweck könnte vielfältig sein
Der archäologische Fund in der Gran Dolina-Höhle liefert damit den bislang ältesten eindeutigen Beweis für Kannibalismus unter frühen Menschen in Europa. Die Forschenden vermuten allerdings, dass diese Praxis nicht nur der Nahrungsbeschaffung diente. Sie könnte demnach ebenso dazu beigetragen haben, Rivalen abzuschrecken und Territorien zu sichern.
In der Höhle von Atapuerca werden bereits seit Jahrzehnten Spuren von Kannibalismus entdeckt. „Was wir jetzt dokumentieren, ist die Kontinuität dieses Verhaltens“, erklärte Saladié weiter. Immer wieder tauchen dabei neue Knochen auf, die Hinweise auf den brutalen Alltag unserer Vorfahren geben. Die Ausgrabungen an der Fundstelle gehen also weiter und die Forschenden erwarten noch mehr Knochen und weitere Belege für die kannibalistischen Rituale dieser frühen Menschen.
Quelle: IPHES-CERCA, Live Science
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