Die globale Erwärmung hat einen erheblichen Einfluss auf die Antarktis, denn das Eis macht den Kontinent besonders verwundbar. Jährlich schmelzen durchschnittlich etwa 136 Milliarden Tonnen Eis, und zahlreiche Gletscher kalben. Nun hat ein solcher Gletscherbruch einen uralten Friedhof freigelegt.
Wal-Friedhof in der Antarktis entdeckt
Dass sich unter den Eisschichten der Antarktis unentdeckte Teile der Geschichte verbergen, ist nicht verwunderlich. Das dicke Eis und die extremen Kältebedingungen wirken seit Millionen von Jahren wie eine schützende Kappe, die Landschaften, Fossilien und Überreste aus früheren warmen Zeiten konserviert und vor Zerstörung bewahrt.
So auch im Fall des Friedhofs, welcher nun von Forscher*innen der russischen Arctic and Antarctic Research Institute (AARI) entdeckt wurde. Wie sie über ihre Website mitteilen, bargen sie zahlreiche Walknochen auf der Wilczek-Insel im Franz-Josef-Land-Archipel. Einige der Skelette, die aus dem dauerhaft gefrorenen Boden (Permafrost) am Rand des Gletschers auftauen, sind noch gut erhalten.
Lesetipp: Antarktis: Forscher lösen langjähriges Rätsel – „es ist unglaublich aufregend“
Anzeichen für starke Veränderungen des Meeresspiegels
„Der paläontologische Fund deutet auf eine Episode extrem schneller Meeresspiegeländerungen im Bereich des nördlichsten Archipels Eurasiens hin, die in den letzten paar tausend Jahren stattgefunden haben“, erklärt Nikita Demidov, Forscher am AARI. Die gut erhaltenen Knochen sprechen dafür, dass sie sehr schnell nach ihrem Tod von Sedimenten oder Eis bedeckt wurden. Wären sie länger unbedeckt geblieben, wären sie deutlich stärker verwittert oder von Aasfressern zerstört worden.
Der Fund der Walknochen an einer heute nicht mehr vom Meer bedeckten Stelle – freigelegt erst durch den Rückzug des Eises – belegt, dass sich das Meer in dieser Region und damit möglicherweise auch der Lebensraum für Wale in nur wenigen tausend Jahren stark verschoben hat.
Darüber hinaus deutet der Fundort auf einer Meeresterrasse, die heute nach dem Gletscherrückzug sichtbar ist, auf einen schnellen Meeresspiegelanstieg oder dynamische Eisbewegungen hin. Diese Terrasse lag früher unter dem Meeresspiegel und wurde von Walen bewohnt oder besucht, bevor sie durch diese Veränderungen trockengelegt wurde.
Auch interessant: Antarktis: Wasserfund alarmiert Forscher – „besorgniserregende Daten“
Ursprüngliche Forschungsarbeit
Ursprünglich reisten die Forscher*innen nach Wilczek, um die Bewegung und Topographie der Gletscher mittels neuartiger Fernerkundungsmethoden wie SAR-Interferometrie (Radar-Satellitenmessungen) zu untersuchen. Ziel war es, die Reaktion der polaren Eismassen auf Klimaveränderungen zu analysieren und deren Beitrag zum Meeresspiegelanstieg zu verstehen.
Die Untersuchungen sollten präzise Informationen über die Veränderungen der Eismasse liefern, da mehr als 99 Prozent der globalen Eismasse in polaren Regionen gespeichert sind und ihr Rückzug wesentliche Folgen für den gesamten Meeresspiegel hat. Stattdessen entdeckten sie auch Hinweise auf Veränderungen vor tausend Jahren.
Quelle: Arctic and Antarctic Research Institute (AARI)
Seit dem 24. Februar 2022 herrscht Krieg in der Ukraine. Hier kannst du den Betroffenen helfen.