Veröffentlicht inGesundheit

Forscher warnen: CBD birgt ungeahnte Gefahren

Viele verwenden CBD-Mittel gegen chronische Schmerzen. Eine neue Metastudie zeigt aber, dass es nicht wirklich hilft – dafür aber schaden kann.

CBD-Öl in einer Pipette
© 24K-Production - stock.adobe.com

Wie beim Bier: «Reinheitsgebot» auch für Cannabis?

Für den Fall einer Legalisierung von Cannabis hat der Branchenverband Cannabiswirtschaft einen Vorschlag vorgelegt. Es soll ein «Reinheitsgebot» geben - genauso wie beim Bier.

Während der Weg hin zur Cannabis-Legalisierung lang und mühselig war, ist Cannabidiol (CBD) bereits seit geraumer Zeit im freien Handel verfügbar. CBD-Ölen werden dabei zahlreiche heilsame Fähigkeiten zugeschrieben. Tatsächlich scheint es aber, als würden diese Produkte vor allem nicht unwesentliche Probleme mit sich bringen.

CBD auf dem Prüfstand

Im Rahmen einer neuen Metastudie, die Anfang April im Journal of Pain erschien, untersuchten Forschende der University of Bath die Wirksamkeit von Cannabidiol-Produkten bei chronischen Schmerzen. Das Fazit des Teams ist vernichtend: „Es gibt keine Beweise dafür, dass CBD-Produkte chronische Schmerzen lindern, und die Einnahme von CBD-Produkten ist eine Geldverschwendung und möglicherweise gesundheitsschädlich.“ Doch wie kamen sie zu diesem Schluss?

Konkret betrachtete das Team 16 randomisierte Studien, in denen CBD aus pharmazeutischen Quellen über verschiedene Zeiträume auf unterschiedliche Arten verabreicht wurde, um Schmerzen zu lindern. Aus 15 dieser Untersuchungen sei keine Wirkung über den Placeboeffekt hinaus feststellbar gewesen. Spätestens als die Forschenden diese Zwischenerkenntnis machten, schrillten bei ihnen bereits erste Alarmglocken.

Dieses alternativmedizinische Schmerzmittel stelle Verbraucherinnen und Verbraucher vor ein großes Problem, erklärt Professor Chris Eccleston, der die Untersuchung am Center for Pain Research in Bath leitete. Ihm zufolge gebe es „keinerlei Beweise dafür, dass es irgendwelche positiven Auswirkungen hat“. Stattdessen würden mit einigen Produkten sogar gesundheitliche Risiken einhergehen.

Auch interessant: Wie lang macht Cannabis high? Die Antwort überrascht

Gefahr durch „unbeabsichtigte Vergiftungen“

Meist stimme der beworbene CBD-Gehalt rezeptfreier Cannabidiol-Produkte nicht mit dem überein, was tatsächlich enthalten sei, schreibt Ecclestons Team. So ergab etwa eine 2022 veröffentlichte Analyse aus den USA, dass der Gehalt lediglich bei einem von vier Produkten korrekt angegeben war.

Auch lasse die Kennzeichnung der Produkte keine verlässlichen Rückschlüsse auf deren Reinheit zu. Es sei also nicht nur CBD in einer Tablette, einem Öl, einer Salbe oder einem Spray enthalten. Auch die US-Studie stellte fest, dass je nach Hanfsorte die Menge des psychoaktiven Delta-9-Tetrahydrocannabinols (THC) in den Produkten stark variieren könne. „Kommerzielle Produkte können auch ungeprüfte synthetische Chemikalien enthalten“, betonen die Forschenden aus Bath.

„Zu den sporadischen Fällen ernsthafter Schäden durch die Einnahme nicht verschreibungspflichtiger CBD-Produkte gehört das Stevens-Johnson-Syndrom, vielleicht durch CBD, vielleicht durch einen anderen, unbekannten Inhaltsstoff. Unbeabsichtigte Vergiftungen können auch auftreten, wenn Menschen der Verpackung glauben: Ein Patient, der eine Überdosis zu sich nahm, ‚hielt die Produkte aufgrund der Verpackung für gesund und sicher und glaubte daher nicht, dass sie irgendwelche nachteiligen Wirkungen haben würden‘.“

Eccleston et al.

Das Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) ist eine seltene, aber ernste Erkrankung, die meist als Reaktion auf Medikamente oder infolge einer Infektion auftritt. Es ist durch einen plötzlichen Hautausschlag gekennzeichnet, der zu Blasenbildung führt und die oberste Hautschicht absterben lässt. Diese Reaktion kann auch die Schleimhäute betreffen, einschließlich Augen, Mund, Nase und Genitalien, und führt zu schmerzhaften Wunden. SJS ist eine medizinische Notfallsituation, die sofortige Behandlung erfordert, oft in einer spezialisierten Verbrennungs- oder Intensivstation, um Komplikationen wie Infektionen zu verhindern und die Heilung zu unterstützen. Langzeitfolgen können Narbenbildung, Veränderungen der Hautpigmentierung und in schweren Fällen dauerhafte Schäden an Augen und inneren Organen sein.

Es fehlt an Schutzmechanismen

Dank fehlerhafter Kennzeichnung und mangelnder Aufklärung können CBD-Produkte bei Kindern und älteren Menschen Schäden verursachen. „Bestenfalls unwahrscheinlich“ sei selbst die Sicherheit verschreibungspflichtiger Mittel mit Cannabidiol. Sie bringt die Forschung unter anderem mit einem erhöhten Risiko für Leberschäden in Verbindung. Das größte Problem aber sehen die Forschenden daher vor allem in der leichten Zugänglichkeit und fehlenden Kontrolle der Mittel.

„Für zu viele Menschen mit chronischen Schmerzen gibt es keine Medikamente, die ihre Schmerzen lindern“, betont Dr. Andrew Moore, Mitautor der Studie und ehemaliger leitender Schmerzforscher in der Nuffield Division of Anaesthetics an der University of Oxford. „Chronische Schmerzen können furchtbar sein, daher sind die Menschen sehr motiviert, mit allen Mitteln eine Schmerzlinderung zu erreichen. Das macht sie anfällig für die wilden Versprechungen, die über CBD gemacht werden.“

Es fehle der Schutz für Verbraucherinnen und Verbraucher. „Und ohne eine Kontrollinstanz, die die CBD-Verkäufer in Schach hält, ist es unwahrscheinlich, dass die falschen Versprechungen über die schmerzlindernde Wirkung von CBD in den kommenden Jahren abnehmen werden“, so Dr. Moore.

Quellen: „Cannabidiol (CBD) Products for Pain: Ineffective, Expensive, and With Potential Harms“ (The Journal of Pain, 2024); University of Bath; „Cannabinoid Content and Label Accuracy of Hemp-Derived Topical Products Available Online and at National Retail Stores“ (Pharmacy and Clinical Pharmacology, 2024)

Seit dem 24. Februar 2022 herrscht Krieg in der Ukraine. Hier kannst du den Betroffenen helfen.

Du willst mehr von uns lesen? Folge uns auf Google News.