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Mysteriöse Strukturen auf der Sonne entdeckt – „wie Vorhänge, die im Wind flattern“

Unsere Sonne gibt noch immer viele Rätsel auf. Nun haben Wissenschaftler auf ihrer Oberfläche winzige magnetische Strukturen entdeckt, die zuvor noch nie beobachtet wurden.

Sonne
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Woraus besteht die Sonne? Das wird dich überraschen

Der gigantische Feuerball am Himmel hält immer noch viele Rätsel für uns bereit.Doch eines wollen wir für dich klären: Woraus besteht die Sonne?

Wissenschaftler*innen haben mit dem NSF Daniel K. Inouye Solar Telescope auf Maui die bisher schärfste Aufnahme der Sonnenoberfläche eingefangen. Die Beobachtungen zeigen ultrafeine magnetische „Streifen“ von nur 20 Kilometern Breite, die über die Sonne hinwegwellen wie Vorhänge, die im Wind flattern. Diese Strukturen erscheinen als abwechselnd helle und dunkle Muster, die durch magnetische Felder entstehen, die das durchströmende Licht verändern.

Sonne in völlig neuer Auflösung

Das Forschungsteam unter der Leitung von Dr. David Kuridze vom National Solar Observatory (NSO) erreichte mit dem vier Meter großen Spiegel des Teleskops beispiellose Detailgenauigkeit. Die Anlage beobachtete die solare Photosphäre unter Verwendung des Visible Broadband Imager (VBI) mit einer Auflösung von 0,03 Bogensekunden – das entspricht etwa dem Anblick einer Münze aus 200 km Entfernung.

Die Forschenden verwendeten spezielles blaues Licht, das magnetische Bereiche auf der Sonne besonders gut sichtbar macht. So entdeckten sie Strukturen, die dreimal kleiner sind als alles, was Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bisher auf der Sonne sehen konnten.

Die Streifenmuster entstehen durch winzige Schwankungen in der magnetischen Kraft – gerade mal so stark wie ein gewöhnlicher Kühlschrankmagnet. Diese kleinen Veränderungen beeinflussen das heiße Gas auf der Sonne und machen es an manchen Stellen dichter oder durchsichtiger. Dadurch verschiebt sich die sichtbare Sonnenoberfläche um wenige Kilometer nach oben oder unten – winzige Höhenunterschiede, die aber ausreichen, um ein Streifenmuster zu erzeugen. Das funktioniert wie ein Fingerabdruck der magnetischen Felder: Wo die Magnetkraft schwächer ist, sehen wir dunkle Streifen, und wo sie stärker ist, leuchten die Streifen hell auf.

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Simulationen bestätigen Beobachtungen

Fortgeschrittene Computersimulationen bestätigten die Teleskopbeobachtungen, indem sie die Physik der Sonnenoberfläche nachstellten. Das heißt: Um sicherzugehen, dass sie wirklich etwas Neues entdeckt hatten, erstellten die Forschenden im Rahmen ihrer Studie ein virtuelles Modell der Sonne mit all ihren physikalischen Gesetzmäßigkeiten. Dieses Computermodell erzeugte Bilder, die fast identisch mit den echten Teleskopaufnahmen aussahen. Die ausgezeichnete Übereinstimmung zwischen echten und synthetischen Bildern bestätigte diese ultrafeinen Strukturen als echte Signaturen solarer magnetischer Aktivität.

Einige Streifenmuster entstehen durch magnetische Variationen, die „Wilson-Depressionen“ verursachen, bei denen die sichtbare Oberfläche zehn Kilometer tiefer in die Sonne eintaucht. Bei ihnen handelt es sich also um winzige Täler auf der Sonnenoberfläche. Du kannst sie dir wie kleine Dellen vorstellen – etwa so, als würde man mit dem Finger leicht in einen weichen Teig drücken.

Das Verständnis der solaren magnetischen Architektur in diesem Maßstab erweist sich als entscheidend für die Vorhersage von Weltraumwetter-Ereignissen, die die Technologie der Erde beeinträchtigen. Sonneneruptionen und koronale Massenauswürfe entstehen aus komplexen magnetischen Strukturen in der Photosphäre, die diese Beobachtungen nun enthüllen. Die Entdeckung öffnet auch Türen für die Erforschung ähnlicher magnetischer Phänomene in entfernten Molekülwolken im gesamten Universum.

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„Grundlegendes Phänomen im Universum“

Der Durchbruch demonstriert die einzigartigen Fähigkeiten des Inouye Solar Telescope des NSO, die Erforschung der Sonne über bisherige Grenzen hinaus voranzutreiben. Einige beobachtete Streifenmuster nähern sich der theoretischen Auflösungsgrenze des Instruments, was darauf hindeutet, dass noch feinere Strukturen in kleineren Maßstäben existieren. Zukünftige Beobachtungen mit zusätzlichen Instrumenten könnten das dynamische Verhalten dieser magnetischen Vorhänge aufdecken und neue Schichten solarer Komplexität enthüllen.

„Magnetismus ist ein grundlegendes Phänomen im Universum, und ähnliche magnetisch induzierte Streifen wurden auch in weiter entfernten astrophysikalischen Objekten wie Molekülwolken beobachtet“, erklärte auch der NSO-Wissenschaftler und Mitautor der Studie Dr. Han Uitenbroek. „Die hohe Auflösung von Inouye in Kombination mit Simulationen ermöglicht es uns, das Verhalten von Magnetfeldern in einem breiten astrophysikalischen Kontext besser zu charakterisieren.“

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Aktivitätsmaximum ist nah

Die Beobachtungen kommen zur rechten Zeit: Der aktuelle Sonnenzyklus steuert auf sein Aktivitätsmaximum im Jahr 2025 zu – eine Phase erhöhter Sonnenstürme, die Satelliten und Stromnetze auf der Erde gefährden können. Die ultrafeinen Magnetstrukturen, die Inouye nun sichtbar macht, liefern entscheidende Daten, um diese Ausbrüche besser vorhersagen zu können. Sie wirken wie Frühindikatoren für energiereiche Prozesse in der Sonnenatmosphäre.

Zudem eröffnen die Ergebnisse neue Vergleichsmöglichkeiten mit fernen astrophysikalischen Objekten. Ähnliche „magnetische Vorhänge“ wurden bereits in Molekülwolken außerhalb unseres Sonnensystems beobachtet. Dass sie nun auch auf der Sonne nachgewiesen wurden, hilft, Magnetismus als universelles Phänomen besser zu verstehen – von unserer Sonne bis zu den Geburtsstätten ferner Sterne.

Quellen: „The Striated Solar Photosphere Observed at 0. 03 Resolution“ (The Astrophysical Journal Letters, 2025); National Solar Observatory

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