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Merz will Verbot kippen: Diesen Bürgern winken 2.000 Euro pro Monat steuerfrei

Friedrich Merz will längeres Arbeiten im Alter attraktiver machen. Eine Rentenreform soll dabei steuerliche Anreize setzen.

Friedrich Merz mit einer Hand am Kinn
© IMAGO / dts Nachrichtenagentur / Canva.com [M]

Was bedeutet eigentlich Grundsicherung?

Der deutsche Staat stellt eine Vielzahl von zusätzlichen Leistungen bereit, um benachteiligte Menschen zu unterstützen. Eine dieser Leistungen ist die Grundsicherung.Wir verraten dir, was die Grundsicherung ist, was du dabei beachten solltest und wie sie sich vom Bürgergeld unterscheidet.

Mit einer umfassenden Rentenreform will die Bundesregierung neue Anreize schaffen, damit Senior*innen länger im Erwerbsleben bleiben – freiwillig, wohlgemerkt. Im Zentrum des geplanten „Rentenpakets II“ steht die sogenannte Aktivrente, die es ab 2026 ermöglichen soll, bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei zur Rente dazuzuverdienen. Gleichzeitig soll ein bisher kaum bekanntes Arbeitsverbot für Rentner*innen abgeschafft werden.

Rente: Merz will das Vorbeschäftigungsverbot abschaffen

„Wir wollen denjenigen, die noch arbeitsfähig sind und die gerne weiterarbeiten wollen, eine Möglichkeit geben, das zu tun“, betont Bundeskanzler Friedrich Merz Anfang Juli in der ARD-Sendung Maischberger. Aktuell sei das noch nicht möglich – und der Grund dafür sei kaum bekannt. „Es gibt ein Vorbeschäftigungsverbot: Sie dürfen, wenn Sie in Rente gehen, im selben Betrieb nicht weiterarbeiten – selbst für 530 Euro im Monat nicht“, erläutert Merz. „Das ist doch grober Unfug.“ Die Bundesregierung werde das ändern.

Was der CDU-Politiker dabei auslässt: Bereits heute gibt es Wege, wie Rentner*innen in denselben Betrieb zurückkehren können – etwa über Verträge mit Sachgrund, Mini-Jobs oder mit Zustimmung ab 52 Jahren auch sachgrundlos befristet. Die Regelung ist also nicht so strikt, wie dargestellt.

„Wir werden für diejenigen, die weiterarbeiten wollen, jenseits des 67. Lebensjahres, Möglichkeiten schaffen, dass sie es auch können und dass sie vor allem einen hohen Anreiz haben, das zu tun“, so Merz weiter. „Wir wollen dieses Arbeitskräftepotenzial erhalten, wenn die Menschen es wollen.“

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„Wir wollen das Renteneintrittsalter nicht erhöhen“

Bei Maischberger betont Friedrich Merz wiederholt, dass niemand zu längerer Arbeit gezwungen werden soll:

„Wir wollen das Renteneintrittsalter nicht erhöhen. Das liegt bei 67, das soll so bleiben. Wir wollen das auch wieder für alle erreichen – das ist ja zurzeit nicht der Fall – und diejenigen, die dann länger arbeiten wollen, die sollen es können und sollen dafür einen besonderen steuerlichen Anreiz bekommen.“

Doch in der Realität liegt das durchschnittliche Rentenzugangsalter in Deutschland noch immer bei rund 64 Jahren. Viele gehen deutlich vor der offiziellen Grenze in Rente – etwa aus gesundheitlichen Gründen oder über Wege der Frühverrentung. Ohne tiefgreifende Reformen bleibt das Ziel „67 für alle“ also ein politisches Wunschbild.

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Steuerfrei bis 2.000 Euro – für wen lohnt sich das?

Zentrales Element des Reformpakets ist die Aktivrente: Ab 2026 dürfen Senior*innen monatlich bis zu 2.000 Euro steuerfrei dazuverdienen. Rund 230.000 Menschen könnten laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) direkt profitieren – vor allem gut ausgebildete, gesunde und bereits erwerbstätige Rentner*innen. Stefan Bach, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Staat des DIW und Leiter einer aktuellen Studie zu dem neuen Rentenkonzept sieht darin allerdings auch Risiken.

Die Tatsache, dass in erster Linie gut qualifizierte Rentner*innen mit hohem Einkommen profitieren dürften, berge „sozialen Sprengstoff“. Das gelte Bach zufolge insbesondere, „wenn ältere Beschäftigte steuerlich stark begünstigt werden, während jüngere Erwerbstätige weiterhin voll belastet bleiben“. Zugleich müsse der Staat in der Aktivrente auch Selbstständige berücksichtigen. „Das erhöht dann aber die Mitnahmeeffekte, da Selbstständige häufiger bis ins hohe Alter weiterarbeiten.“

Weitere Maßnahmen im Überblick

  • Rentenaufschub-Prämie: Wer den Renteneintritt mindestens ein Jahr aufschiebt, kann statt eines Zuschlags auf die Monatsrente eine Einmalzahlung wählen – bei fünf Jahren sind das bis zu 25.000 Euro.
  • Arbeitgeberbeiträge als Bonus: Arbeitgeber*innen können Renten- und Arbeitslosenbeiträge direkt an beschäftigte Rentner*innen auszahlen.
  • Hinterbliebenenregelung: Für Menschen mit Witwen- oder Witwerrente sollen Hinzuverdienste bis 538 Euro nicht mehr angerechnet werden.

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„Große sozialpolitische Gefahr“

Laut dem Monatsbericht der Deutschen Bundesbank für Juni 2025 und einem Kurzbericht des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) aus dem April 2024 ist Geld nur ein nachrangiger Grund für Erwerbstätigkeit im Ruhestand. Nur 14 Prozent der Senior*innen arbeiten laut Umfragen wegen finanzieller Notwendigkeit – 27 Prozent nennen Spaß an der Arbeit, 21 Prozent soziale Kontakte.

Fachleute könnten deshalb die von Bach erwähnten Mitnahmeeffekte zu befürchten haben: Menschen, die ohnehin weitergearbeitet hätten, profitieren steuerlich – ohne dass es zusätzliche Arbeitskraft mobilisiert. Sollten diese Effekte überwiegen, rechnet das DIW mit rund 770 Millionen Euro jährlichen Mindereinnahmen. Um das zu verhindern, müssten mindestens 75.000 Rentner*innen zusätzlich in den Arbeitsmarkt einsteigen.

„Die Aktivrente ist kein Allheilmittel und birgt zudem eine große sozialpolitische Gefahr“, warnt daher Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland e. V., in einer aktuellen Mitteilung. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten kann, wer Angehörige pflegt oder geringe Renten bezieht – etwa viele Frauen –, wird von der Reform kaum profitieren. Die Lücke zwischen gut abgesicherten und benachteiligten Senior*innen könnte sich weiter vergrößern.

„Wer niedrige und mittlere Einkommen entlasten will, sollte deshalb eher den Grundfreibetrag für alle Erwerbstätigen anheben. Und wer gesundes Arbeiten bis und auch über die Regelaltersgrenze hinaus ermöglichen will, sollte die Arbeitgeber verpflichten, altersgerechte Arbeitsplätze, flexible Arbeitszeitmodelle und Qualifizierung sowie verpflichtende Weiterbildungen zu schaffen.“

Verena Bentele

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„Mehr Geld allein baut noch keine Straßen und Brücken“

Ökonom*innen erinnern stetig daran, dass Deutschland im internationalen Vergleich eine der niedrigsten Jahresarbeitszeiten aufweist. „Wenn nicht mehr Arbeitskraft zur Verfügung steht als bisher, werden diese Ausgabenprogramme dazu führen, dass die Umsetzung der Investitionen verzögert wird und Arbeitskräfte aus anderen Bereichen abwandern und dort fehlen“, betont auch Prof. Dr. Dr. Clemens Fuest aus der Forschungsgruppe Steuer- und Finanzpolitik des ifo Instituts.

Viele Teilzeitmodelle – besonders bei Frauen – führen dazu, dass insgesamt weniger gearbeitet wird, nicht aus Mangel an Bereitschaft, sondern wegen fehlender Strukturen – beispielsweise Kinderbetreuung. Die Aktivrente adressiert diesen Zusammenhang nur indirekt. Sie zielt auf eine relativ kleine Gruppe aktiver, gesunder Rentner*innen – strukturelle Probleme im Arbeitsmarkt bleiben davon unberührt. Fuest merkt außerdem an: „Mehr Geld allein baut noch keine Straßen und Brücken, man braucht auch zusätzliche Arbeitskräfte.“

Die Reform ist für manche eine Chance: Wer im Alter gesund und motiviert ist, bekommt künftig mehr finanziellen Spielraum. Doch ob die Aktivrente den gewünschten Effekt hat, bleibt abzuwarten. Entscheidend wird sein, ob die Politik es schafft, flankierende Maßnahmen umzusetzen – von flexibleren Arbeitszeitmodellen über gezielte Unterstützung für Geringverdienende bis hin zu besserer Vereinbarkeit von Beruf und Pflege.

Quellen: Das Erste/Maischberger (01. Juli 2025); Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung; DIW Wochenbericht 25 / 2025, S. 395-402; Deutsche Bundesbank; Institut der deutschen Wirtschaft; Sozialverbands VdK Deutschland e. V.; ifo Institut

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