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Bei Stress: Eine Sache hilft laut einer Studie wirklich

Forschende nutzten eine ungewöhnliche aber objektive Methode, um zu zeigen, was Stress wirklich verringern kann.

Mann hält seinen Kopf mit den Händen.
© Getty Images/Westend61

Yoga, Meditation, Tanzen, Spazieren – um Stress zu verringern haben einige Menschen ihre Strategien. Forschende des Max-Planck-Instituts erbringen aber mit einer Studie erstmals den objektiven Beleg dafür, was tatsächlich hilft: mentales Training. Sie nutzten für den Nachweis keine subjektive Vorher- und Nachher-Befragung, sondern die Cortisol-Konzentration im Haar.

Stress reduzieren: Der objektive Beweis

Die Forschungsgruppe fand heraus, dass mentales Training die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Haar verringert. „Die Studie erbringt damit erstmals einen objektiven Beleg dafür, dass mentales Training körperliche Anzeichen von langen Stressphasen verringert, auch bei gesunden Menschen“, heißt es in einer Mitteilung des Max-Planck-Instituts vom 7. Oktober 2021.

Verschiedene Studien haben bereits gezeigt, dass sich auch gesunde Menschen nach einem typischen achtwöchigen Trainingsprogramm zu Achtsamkeit, Meditation und Co. besser fühlen. Bislang wussten wir jedoch nicht, wie viel das Training tatsächlich dazu beigetragen hat, den Stress zu verringern. Denn in bisherigen Untersuchungen wurde der Stresslevel vor und nach den Übungen mittels Fragebogen und Selbstauskunft gemessen. Das könnte den Effekt verzerrt haben, da Teilnehmer*innen wussten, dass die Reduktion des Stresslevels ein gewünschter Effekt des Trainings ist.

„Wird man nach einem als stressreduzierend deklarierten Training gefragt, ob man gestresst ist, kann bereits die Auseinandersetzung mit dieser Frage die Aussagen verzerren“, erklärt Lara Puhlmann, Erstautorin der Studie, die im Fachmagazin Psychosomatic Medicine erschienen ist.

Was ist Cortisol genau?
„Cortisol ist ein körpereigenes Hormon, das an vielen Stoffwechselvorgängen beteiligt ist und bei Stress vermehrt freigesetzt wird“, so die Apotheken-Umschau. Es wird in der Nebennierenrinde gebildet und kann etwa auch im Blutserum, Urin oder im Speichel gemessen werden. „Cortisol hat unter anderem Einfluss auf den Blutzucker, den Fettstoffwechsel, verzögert die Wasserausscheidung und wirkt entzündungshemmend.“

Wie genau wurde Studie durchgeführt?

Wissenschaftler*innen des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig sowie die Forschungsgruppe Soziale Neurowissenschaften der Max Planck Gesellschaft in Berlin forschten an Meditation im Zusammenhang mit Stressreduzierung.

Sie nahmen die Konzentration von Cortisol im Haar als Messgröße für die Belastung durch anhaltenden Stress.

„Cortisol ist ein Hormon, das ausgeschüttet wird, wenn man sich zum Beispiel mit einer überwältigenden Herausforderung konfrontiert sieht. In der jeweiligen Situation hilft es, den Körper in Alarmbereitschaft zu versetzen und Energie zu mobilisieren, um die Herausforderung zu bewältigen. Je länger der Stress anhält, umso länger zirkuliert eine erhöhte Konzentration von Cortisol im Körper – und desto mehr sammelt sich davon im Haar an.“

Max-Planck-Institut

Die Forschenden untersuchten daher die Cortisol-Menge der Studienteilnehmer:innen alle drei Monate jeweils in deren ersten drei Haarzentimetern. Denn Haare wachsen durchschnittlich einen Zentimeter pro Monat. Das mentale Training bestand aus einem neunmonatigen Trainingsprogramm aus drei Einheiten. Sechs Tage täglich wurde für 30 Minuten geübt. Der Fokus lag auf Folgendem:

  • Faktoren der Aufmerksamkeit und Achtsamkeit
  • sozio-affektiven Fähigkeiten (Mitgefühl, Dankbarkeit)
  • sozio-kognitiven Fertigkeiten (etwa die Perspektivübernahme gegenüber eigenen und fremden Gedanken)

Prof. Dr. Tania Singer, wissenschaftliche Leiterin der Forschungsgruppe Soziale Neurowissenschaften, entwickelte das mentale Trainingsprogramm (ReSource Projekt).

  • Die folgenden Fragen stehen im Mittelpunkt des ReSource Projekts:
  • Können wir den negativen Auswirkungen eines zunehmend abgelenkten Geistes begegnen, indem wir anhand mentaler Übungen den Geist und unsere Aufmerksamkeit stabilisieren?
  • Können wir soziale Kompetenzen wie Empathie und Mitgefühl durch kurze, säkularisierte mentale Praktiken trainieren?
  • Können wir Resilienz steigern und sozialen Stress verringern?
  • Können wir Menschen beibringen, sich sozial stärker verbunden zu fühlen?
  • Können wir altruistisches Verhalten und kooperative Fähigkeiten steigern?
  • Können wir unseren Kreis des Mitgefühls erweitern, um wahrhaft globale Bürger*innen zu werden?

Die Ergebnisse der Studie

Die Studie zeigt, dass in den ersten drei Monaten leichte Effekte zu sehen sind. Doch nach sechs Monaten sinkt die Cortisol-Menge um durchschnittlich 25 Prozent. Die Wissenschaftler*innen vermuten, dass also erst ein ausreichend langes Training zu Stressreduzierung führt.

„Dabei schien der Effekt nicht von den Inhalten des Trainings abzuhängen. Möglicherweise sind also mehrere der untersuchten mentalen Ansätze ähnlich effektiv, um den Umgang mit chronischem Alltagsstress zu verbessern“, heißt es in der Mitteilung.

Willst du Stress abbauen, können die etwa diese zehn Methoden helfen. Möglicherweise kannst du deine Cortisol-Konzentration mithilfe von Meditations-App senken.

Quellen: Max-Planck-Institut, Studie: „Contemplative Mental Training Reduces Hair Glucocorticoid Levels in a Randomized Clinical Trial“ (Psychosomatic Medicine, 2021), Apotheken-Umschau, Webseite Tania Singer

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