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Starke Coronavirus-Ausbreitung: Das könnte der Grund dafür sein

Superspreader machen nur zehn Prozent der Covid-19-Infizierten aus. Doch tatsächlich sind sie vermutlich der Grund für 80 Prozent der Coronavirus-Ausbreitung.

Menschenmenge
Die Coronavirus-Ausbreitung könnte durch eine Sache stark beeinflusst werden. Foto: iStock.com/peterhowell

Für die Coronavirus-Ausbreitung werden vor allem Brandherde wie Karnevalsfeiern, Apres-Ski-Partys und dergleichen verantwortlich gemacht. Immer wenn viele Menschen auf einen Haufen kommen, kann sich das Virus ohne Probleme weiter ausbreiten. Aber es sind auch Fälle bekannt, bei denen große Menschenmengen in geschlossenen Räumen aufeinandertrafen, wie beispielsweise bei einem Kirchen- oder Restaurantbesuch. Könnte es sein, dass sich der Erreger in Räumen schneller verteilt?

Menschenmenge

Starke Coronavirus-Ausbreitung: Das könnte der Grund dafür sein

Superspreader machen nur zehn Prozent der Covid-19-Infizierten aus. Doch tatsächlich sind sie vermutlich der Grund für 80 Prozent der Coronavirus-Ausbreitung.

Coronavirus-Ausbreitung: Sind geschlossene Räume eine Gefahr?

Dass sich das Virus in einem Raum schnell ausbreitet, wo sich mehrere Menschen aufhalten, konnte schon öfter beobachtet werden. Forscher des London School of Hygiene & Tropical Medicine (LSHTM) haben eine Reihe solcher Beispiele gesammelt. Es gab Vorfälle auf Kreuzfahrtschiffen, Pflegeheimen, Kirchen, Fleischfabriken, Kliniken, Gefängnissen und so weiter. Meistens hatten diese Fälle eins gemeinsam: einen Superspreader. Er trieb die Coronavirus-Ausbreitung an.

Bei einem Superspreader handelt es sich um eine Person, die bereits mit Covid-19 infiziert ist, dies aber vielleicht noch nicht weiß oder nicht bemerkt. Sie bildet den Beginn der Infektionskette und verteilt das Virus an die Menschen, mit denen sie längeren Kontakt hat. Es ließ sich schon öfter bemerken, dass das Coronavirus sich vor allem dann ausbreitet, wenn Menschen über einen längeren Zeitraum zusammenfinden.

Beobachtungen zum Coronavirus sollen Maßnahmen erklären

Genau diese Beobachtung zur Coronavirus-Ausbreitung soll nun dabei helfen, die Maßnahmen zum Eindämmen des Virus anzupassen. Wie die britischen Forscher empfehlen, sei es sinnvoll, weiterhin große Menschenansammlungen zu verbieten. Allerdings könnten Aktivitäten im Freien etwas entspannter betrachtet werden. Die Umstände, in denen sich solche Fälle ereignen, lassen durch mathematische Modelle ableiten, wie die Krankheit unterbunden werden kann.

Wissenschaftler betrachten dafür die Reproduktionszahl R, die angibt, wie viele Personen im Schnitt von einem Covid-19-Infizierten angesteckt werden. Ohne soziale Distanz liegt R bei 3. Idealerweise sollte R unter 1 liegen. Alles zur Reproduktionszahl kannst du hier nachlesen. Da die Reproduktionszahl aber keine genaue Auskunft darüber gibt, wer wie viele Menschen ansteckt, wird der Dispersionsfaktor k hinzugezogen.

Das rätselhafte Verhalten des Coronavirus

Damit wird die Coronavirus-Ausbreitung in Clustern beschrieben. Je kleiner k ist, desto mehr Ansteckungen gehen von einer geringen Zahl an Infizierten aus. Der Erreger Sars soll einen k-Wert von 0,16 gehabt haben, wohingegen MERS einen Wert von 0,25 hatte. Die Ausbreitung der beiden Erreger hatte daher wohl wenige Superspreader. Bei Covid-19 gab es nun unterschiedliche Ergebnisse: Forscher der Universität Bern schätzen den k-Wert etwas höher als bei Sars und MERS ein. Die britischen Forscher berechnen einen Wert von 0,1. Sie interpretieren ihr Ergebnis so, dass zehn Prozent der Infizierten, 80 Prozent der Coronavirus-Ausbreitung ausmachen.

Dies könnte das rätselhafte Verhalten des Erregers erklären. Manche Infektionen sorgten beispielsweise nicht für größere Ausbrüche. Normalerweise müsste bei einem Ergebnis von k = 0,1 die Infektionskette von alleine enden. Das ist bei Covid-19 aber nicht der Fall. Die Forscher haben keine Erklärung dafür, wieso das Coronavirus solche starken Cluster bildet.

Wieso verhält sich Covid-19 so?

Eine mögliche Erklärung ist die Art der Übertragung. Covid-19 wird durch eine Tröpfcheninfektion weitergegeben. Manchmal ist es aber in feinen Aerosolen enthalten, die in der Luft schweben. So kann es dazu kommen, dass ein Superspreader gleich mehrere Personen auf einmal infiziert. In den meisten Clustern war dies wohl der Fall.

Eine weitere Begründung könnte sein, dass manche Menschen mehr Viren über eine längere Zeit ausscheiden als andere. Dieses Merkmal führen Forscher auf das Immunsystem zurück, dass sich von anderen Personen unterscheidet. Es könnte aber auch an der Verteilung des Erregers im Körper liegen. Zudem sollen beim Sprechen mehr Tröpfchen in der Umgebung des Redners sein. Je lauter die Stimme, desto höher der Ausstoß.

Ingesamt wird davon ausgegangen, dass die Coronavirus-Ausbreitung in geschlossenen Räumen eher stattfindet als im Freien. In Gebäuden ist das Risiko einer Ansteckung daher in etwa 19-mal höher als draußen, glauben japanische Forscher.

Es gibt eine Lösung, um die Coronavirus-Ausbreitung zu stoppen. Das würde aber auf Kosten aller gehen. Wenn wir Covid-19 nicht stoppen können, könnte die zweite Welle uns so treffen.

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