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Tiefsee: Forscher machen radioaktiven Fund – sie warnen vor dem Abbau

Inmitten der Tiefsee gibt es einzigartige Knollen, die einen großen Nutzen für die Industrie darstellen. Jedoch ist ihr Abbau auch sehr gefährlich für Mensch und Umwelt.

Tiefsee
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Der „Tiefsee-Schatz“ ist eine besondere Knollenart. Die sogenannten Manganknollen sind vielversprechende Rohstofflieferanten. Ihre Einsatzgebiete wären vielfältig. Jedoch warnt ein Forschungsteam entschieden vor dem Abbau.

Tiefsee-Knollen sind radioaktiv

Die Tiefsee-Knollen sind über Jahrmillionen am Meeresgrund gewachsen. In ihnen enthalten sind wertvolle Rohstoffe wie Kupfer, Kobald und Nickel. Einsatzgebiete hierfür finden sich vor allem in der technischen Industrie. Auch seltene Erden, die für die Herstellung von Smartphones, Computern und Co. benötigt werden, sind ein Bestandteil der besonderen Pflanzenart.

Allein im Nordpazifik, genauer gesagt in der Clarion-Clipperton-Zone, gibt es ein tonnenschweres Vorkommen. Einige Staaten haben bereits Interesse daran gezeigt, die Manganknollen abzubauen. Das gelingt mittels Tiefseebergbau, ist jedoch ein heiß diskutiertes Unterfangen. Aktuell stimmt sich die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) über konkrete Regeln für den Abbau ab.

Problematisch ist, dass die Tiefsee-Knollen bereits an ihrer Oberfläche radioaktiv sind. Das fand die Wissenschaftlerin Jessica Volz für Polar- und Meeresforschung (AWI) zusammen mit ihrem Forschungsteam heraus. „Wir haben die Verteilung von radioaktiven Isotopen wie Thorium-230, Radium-226, Proactinium-231 und Radon-222 in den polymetallischen Knollen untersucht“, zitiert Focus das Team. Dabei werden festgelegte Grenzwerte um das Hundert- bis Tausendfache überschritten.

Strahlenschutzreglungen untersagen Nutzung

Das verstößt gegen geltende Strahlenschutzregelungen. Je nach radioaktiven Isotop verzeichnen die Tiefsee-Knollen sieben bis neun Becquerel pro Gramm. Bei Becquerel handelt es sich im Internationalen Einheitensystem festgelegte Einheit für die Radioaktivität von Stoffen.

Die gemessenen Werte, die durch zwei Expeditionen zwischen 2015 und 2019 in der Clarion-Clipperton-Zone ermittelt wurden, sind dabei höchst alarmierend. Laut der deutschen Strahlenschutzverordnung gelten lediglich 0,01 Becquerel pro Gramm als quasi unbedenklich.

Die Forschenden waren von diesen Ergebnissen selbst überrascht. Die Manganknollen sind somit sogar radioaktiver als Uranerz. „An der oberen Außenseite der Manganknollen übertraf die Radioaktivität von Thorium-230, Radium-226 und Proactinium-231 sogar die der als Referenz genutzten Uranerzprobe“, erklärt das Team vom AWI zusätzlich.

Gesundheitsgefahren für Menschen

Bezüglich des Abbaus der rohstoffreichen Tiefsee-Knollen zeigen sich die Forschenden entsprechend besorgt. Feiner Staub, der bei der Zerkleinerung der Pflanzen entsteht, könnte in die Atemwege gelangen und dort schädliche Alphastrahlung freisetzen. „Diese aufgenommenen Alphaemitter können Zellen schädigen und bergen eine erhebliche radiologische Gefahr für den Körper“, fassen sie daher zusammen.

Doch selbst der Abbau und die anschließende Lagerung sind höchst problematisch. „Unseren Messungen zufolge produziert schon eine einzige zehn Zentimeter kleine Manganknolle nach sechs Stunden Aufbewahrung in einem zwei Liter-Behälter eine Radioaktivität von fünf Becquerel pro Liter Luft“. Auch hier kommt es zu einer vielfachen Übertretung der Grenzwerte. In der Atmosphäre etwa finden sich 0,01 Becquerel pro Liter.

Für die Mitarbeitenden, die die Knollen vom Abbaugebiet aus transportieren, geben sich daher erhebliche Gesundheitsgefahren. Doch selbst wenn dafür Lösungen gefunden würden, wäre der Umgang mit den in den Tiefsee-Knollen enthaltenden Rohstoffen nicht unbedenklich. Auch diese könnten radioaktive Zerfallsprodukte bilden. Des Weiteren würde der Abbau auch der Tiefsee an sich enormen Schaden zufügen.

Das Team um Volz hofft daher entschieden auf die Berücksichtigung ihrer Studienergebnisse. Insgesamt würden Mensch und Umwelt enorm unter dem Abbau zu leiden haben.

Quelle: Focus

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