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Neues Loch im Yellowstone: Seltsames Phänomen stellt Forscher vor Rätsel

Im Yellowstone hat sich ein neues Loch aufgetan. Entstanden ist es still – die genaue Ursache bleibt vorerst ungeklärt.

Blick nach Nordwesten auf ein neues Thermalbecken im Porcelain Basin-Gebiet des Norris Geyser Basin im Yellowstone-Nationalpark
© United States Geological Survey / Yellowstone Volcano Observatory

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Im Norris Geyser Basin, einem der heißesten und aktivsten Gebiete des Yellowstone-Nationalparks, ist ein neuer Thermapool aufgetaucht – fast lautlos, aber mit großer Wirkung. Die kleine, hellblaue Wasserfläche gibt Geolog*innen derzeit einige Rätsel auf und gibt der Wissenschaft einen kleinen Eindruck dessen, was unter unseren Füßen schlummert.

Yellowstone-Loch entstand unbemerkt

Mitarbeitende des Nationalparks entdeckten das rund vier Meter große Loch bereits Mitte April im Rahmen ihrer Wartungsarbeiten an Temperatur-Messstationen. Das Wasser war etwa 43 Grad Celsius warm und lag ruhig westlich einer mit Bäumen bewachsenen kleinen Insel im Porcelain Basin – einem Ort, der für seine geothermische Unbeständigkeit bekannt ist.

Expert*innen des Geologischen Dienstes der USA (United States Geological Survey, USGS) und des Vulkanobservatoriums Yellowstone (Yellowstone Volcano Observatory, YVO) zufolge sei das Becken nicht durch eine einzelne Explosion entstanden, sondern durch mehrere kleine, kaum wahrnehmbare Dampfereignisse – vermutlich beginnend in der Nacht auf den 25. Dezember 2024.

„Die Felsen und das weiße Material (Kieselschlamm), die das Becken umgeben, wurden wahrscheinlich bei der Entstehung des Beckens herausgeschleudert“, heißt es in einer entsprechenden Pressemitteilung des YVO.

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Leise Entstehung unter großer Hitze

Normalerweise kündigen sich solche Veränderungen lautstark an – mit Beben, Gesteinsbrocken und sichtbaren Kratern. Doch diesmal war alles anders.
Satellitenbilder zeigen: Noch Mitte Dezember 2024 war nichts zu erkennen. Am 6. Januar 2025 tauchte eine leichte Mulde auf, und bis Februar hatte sich ein klar umrissener Pool gebildet.

Auch das Infraschall-Messsystem, das seit 2023 im Norris-Gebiet im Einsatz ist, registrierte einige ungewöhnliche Signale – besonders auffällig am ersten Weihnachtsfeiertag. Sie kamen aus der Richtung der neuen Quelle, waren jedoch sehr schwach. Eine typische Explosion hätte man deutlicher gespürt, auch am Boden. Doch seismische Aktivitäten blieben aus.

Die Forschenden vermuten daher eine sogenannte „Flash-Steam-Explosion“: Superheißes Wasser, das unter hohem Druck in Gesteinsschichten eingeschlossen ist, verdampft schlagartig, sobald der Druck nachlässt – etwa durch Rissbildung oder Wasserstandsveränderungen. Dabei können Schlamm und Gestein nach oben geschleudert werden. Das Norris-Gebiet ist für solche Vorgänge prädestiniert, wie ein Team um die emeritierte Wissenschaftlerin und ehemalige leitende Forschungsgeologin des USGS Lisa Morgan schon 2009 erkannte. Denn: In dieser Region treten besonders hohe Wärmeflüsse auf.

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Keine Seltenheit im Nationalpark

Hydrothermale Explosionen sind in Yellowstone keineswegs außergewöhnlich.
1989 beispielsweise entstand durch die Explosion des Porkchop Geysers ein gut 13 Meter großer Krater. Im April 2024 wurde im Porcelain Terrace erstmals ein Ereignis mithilfe von Infraschall und seismischer Messung dokumentiert. Und im Juli 2024 sorgte einem USGS-Bericht zufolge der Ausbruch im Biscuit Basin für Aufsehen. Sogar Besucher*innen filmten das Geschehen, bei dem Trümmer Teile eines Wanderwegs trafen.

Im Vergleich dazu war die Entstehung der neuen Quelle unspektakulär – aber nicht minder bedeutsam. Sie zeigt, wie sich Yellowstone stetig verändert – nicht nur mit lauten Ausbrüchen, sondern auch mit stillen Prozessen, die sich über Wochen oder Monate hinweg entwickeln.

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Reale Gefahr – trotz aller Schönheit

So faszinierend diese Phänomene auch sind: Sie bergen Risiken. Hydrothermale Explosionen können plötzlich auftreten – ohne Vorwarnung. Heißes Wasser, Gesteinsbrocken und giftige Gase können in einem Umkreis von mehreren Dutzend Metern zur Gefahr werden.

Während ein Supervulkan-Ausbruch in Yellowstone extrem unwahrscheinlich ist (statistisch seltener als einmal in 100.000  Jahren), treten kleinere hydrothermale Explosionen regelmäßig auf – im Schnitt mehrere pro Jahrzehnt. Laut USGS stellen sie die größte natürliche Gefahr für Besuchende des Parks dar.

Historisch betrachtet sind über 20 größere Explosionen mit Kraterdurchmessern von mehr als 100 Metern bekannt – darunter das spektakuläre Ereignis an der Mary Bay vor rund 13.800  Jahren. Damals wurde ein Krater von 2.600 Metern Durchmesser hinterlassen, Morgan und ihrem Team zufolge vermutlich ausgelöst durch einen plötzlichen Wasserstandsabfall nach einem Erdbeben.

Quelle: United States Geological Survey; „Hydrothermal processes above the Yellowstone magma chamber: Large hydrothermal systems and large hydrothermal explosions“ (Geological Society of America, 2009)

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