Der Grand Canyon ist einer der berühmtesten Naturwahrzeichen der USA. Nun haben Forschende eine außergewöhnliche Entdeckung gemacht, die mehr über seine Vergangenheit verraten können. So scheint ein Meteoriteneinschlag in diesem Zusammenhang plausibel.
Grand Canyon: Hinweise auf Meteoriteneinschlag
„Die Geologie ist voller Krimis“, heißt es in einer Pressemitteilung der University of New Mexico. Einem davon sind Forschende ganz genau auf den Grund gegangen. In einer kürzlich veröffentlichten Studie stellen sie nämlich eine Verbindung zwischen dem Grand Canyon und dem Barringer-Krater, auch Meteor-Crater genannt, her. Letzterer ist vor 56.000 Jahren durch einen Meteoriteneinschlag entstanden und heute eine beliebte Touristenattraktion.
Die Forschungsarbeit beleuchtet das bemerkenswerte Zusammentreffen eines Meteoriteneinschlags und eines Erdrutschdamms, der den Colorado River blockiert und vor etwa 56.000 Jahren einen See im Grand Canyon gebildet haben könnte. All dies sind „seltene und ungewöhnliche Ereignisse“, die entweder alle zusammenhängen oder zeitgleich, unabhängig voneinander erfolgten. Die Wissenschaftler*innen gehen jedoch von der ersten Option aus.
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Rätsel um uraltes Treibholz
Schon vor einigen Jahren wurden in einer Höhle namens Stanton’s Cave im Osten des Grand Canyon uraltes Treibholz und Seeablagerungen gefunden. Der Höhleneingang liegt aber 45 Meter über dem Colarado River, seitdem ist die Forschung darum bemüht herauszufinden, wie und wann das Treibholz dorthin gelangte.
Ein früheres Hochwasser konnte dabei ausgeschlossen werden. „Dazu wäre ein zehnmal höherer Wasserstand erforderlich gewesen als jedes Hochwasser der letzten Jahrtausende“, erklärt Professor Karl Karlstrom von der University of New Mexcico. Andere Möglichkeiten wären, dass es sich hierbei um sehr alte Ablagerungen, die der Fluss beim Eingraben in die Schlucht hinterlassen hat, handelt oder dass diese von einem ehemaligen See hereingeschwemmt worden, der durch einen Lava- oder Erdrutschdammentstanden ist.
Um eine Erklärung zu finden, musste das Alter des Treibholzes genau bestimmt werden. Früher wurde dieses auf 35.000 Jahre datiert. Die neue Arbeit, die innovative wissenschaftliche Methoden und Analysen zweier Labore in Neuseeland und Australien verwendet, zeigt jedoch ein Alter von 56.000 Jahren.
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Ehemaliger See im Grand Canyon?
Als Co-Autor der Studie Jonathan Palmer vom australischen Labor auf einer Autoreise in die USA war, besuchte er sowohl den Barring-Krater. Er bemerkte die erstaunliche Übereinstimmung dessen Altersangabe mit der neuen Datierung des Treibholzes, die den Anstoß zu dieser Abhandlung gab.
„Karl und ich kannten durch zahlreiche Forschungsreisen andere hoch gelegene Höhlen, in denen sowohl Treibholz als auch Sedimente vorhanden waren, die datiert werden konnten“, sagte Laurie Crossey, ebenfalls Professorin der University of New Mexcico. Sie schickten eine weitere Treibholzprobe an die Labore. Die Verwendung zweier Datierungsmethoden war ein zentraler Bestandteil dieser Studie. Beide lieferten statistisch nicht unterscheidbare Datierungen von 55.600 Jahren.
Bereits in den 1980ern gab es Theorien darüber, dass es vor Tausenden von Jahren im Grand Canyon einen Felssturz gegeben habe, der möglicherweise einen Damm und einen See gebildet habe. So könnte das Treibholz in die Stanton’s Cave getrieben sein. Diese Hypothese rückte nun mit den zusätzlichen 56.000 Jahre alten Proben aus verschiedenen Höhlen hoch über dem Fluss wieder ins Rampenlicht. Der Grand-Canyon-Höhlenforscher Jason Ballensky hatte sogar weit oben und weit hinten in den Höhlen von Vasey’s Paradise Biberspuren gesehen, an einem Ort, der für Biber unzugänglich wäre.
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Berechnungen zeigen starkes Erdbeben
Die Forschenden haben sich daraufhin die Frage gestellt: „War der Einschlag im Barring-Krater stark genug, um einen solchen Erdrutsch auszulösen?“ Berechnungen zeigen, dass der Einschlag wohl ein Erdbeben der Stärke 5,4 oder sogar der Stärke 6 ausgelöst habe und dass die Schockwelle nach der in Sekunden zurückgelegten 160 Kilometer langen Strecke zum Grand Canyon immer noch eine Stärke von etwa 3,5 gehabt hätte. Der Einschlag könnte also die steilen Klippen des Grand Canyon losgerissen und zahlreiche Felsstürze ausgelöst haben.
„Das Team hat diese Argumente zusammengetragen, ohne den Anspruch zu erheben, einen endgültigen Beweis zu haben; es gibt andere Möglichkeiten, wie zum Beispiel einen zufälligen Felssturz oder ein lokales Erdbeben innerhalb von tausend Jahren nach dem Einschlag im Meteorkrater, die unabhängig voneinander stattgefunden haben könnten“, erklärte Karlstrom. „Dennoch sind der Meteoriteneinschlag, der massive Erdrutsch, die Seeablagerungen und das Treibholz hoch über dem Flussniveau allesamt seltene und ungewöhnliche Ereignisse. Die Mittelwerte der Datierungen laufen in einem engen Zeitfenster von 55.600 ± 1.300 Jahren zusammen, was die Hypothese eines kausalen Zusammenhangs stützt.“
Quelle: University of New Mexico, „Grand Canyon landslide-dam and paleolake triggered by the Meteor Crater impact at 56 ka“ (Geology, 2025)
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