Ein Lichtstrahl, zwei winzige Atome – und ein jahrhundertealtes Rätsel der Physik. Forschenden des MIT ist es gelungen, eines der berühmtesten Experimente der Wissenschaftsgeschichte auf atomarer Ebene neu zu denken. Was dabei herauskam, dürfte selbst Albert Einstein überraschen: Seine Vorstellung vom Verhalten des Lichts war in einem entscheidenden Punkt falsch. Das zeigt zumindest ein neues Doppelspaltexperiment, das mit bisher unerreichter Präzision durchgeführt wurde – und endgültig klärt, wie sich Licht im Quantenbereich wirklich verhält.
Physik: Forschende klärt ewige Frage
Die Physik kennt das sogenannte Doppelspaltexperiment seit über 200 Jahren. Dabei wird Licht durch zwei schmale Schlitze geschickt. Statt zwei Lichtpunkte erscheinen auf einem Schirm dahinter Streifen – ein Hinweis darauf also, dass sich Licht wie eine Welle verhält. Doch sobald man misst, welchen Weg das Licht nimmt, verschwindet dieses Muster. Dann zeigt sich das Licht als Teilchen. Die Physik nennt dieses Phänomen Welle-Teilchen-Dualität – ein Grundpfeiler der Quantenmechanik. Und genau hier setzte Einstein mit seiner Kritik an, wie Space.com berichtet.
Er glaubte nämlich, man könne herausfinden, durch welchen Schlitz ein Photon geflogen ist, ohne das Wellenmuster zu zerstören. Das Licht müsse dabei den Schlitz leicht „rascheln“, so wie ein Vogel ein Blatt streifen würde. Niels Bohr, Einsteins Gegenspieler in dieser Debatte, hielt dagegen: In der Quantenphysik könne man nicht gleichzeitig den Teilchenweg und das Wellenmuster erkennen – das verbiete nämlich die sogenannte Unschärferelation. Viele Physiker*innen folgten Bohr, doch ein letzter Zweifel blieb bestehen. Lag es womöglich an den groben Apparaturen, dass Einsteins Idee nicht funktionierte?
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„Eine neue Variante des Doppelspaltexperiments“
Ein Team um den Physik-Nobelpreisträger Wolfgang Ketterle am MIT wollte es nun genau wissen. Sie führten das Doppelspaltexperiment so ideal wie noch nie durch. Statt klassischer Spalte nutzten sie einzelne, ultrakalte Atome: „Was wir getan haben, kann als eine neue Variante des Doppelspaltexperiments betrachtet werden. Diese einzelnen Atome sind sozusagen die kleinsten Spalte, die man überhaupt bauen kann“, wie Ketterle in einer Mitteilung des MIT erklärt.
Mit Lasern hielten sie die Atome fest, streuten einzelne Photonen daran und zeichneten die Lichtmuster auf. Das Ergebnis war eindeutig: Sobald die Atome durch das vorbeifliegende Photon eine messbare Störung erfuhren, verschwand das Wellenmuster. Licht zeigte sich entweder als Teilchen oder als Welle – aber nie als beides gleichzeitig.
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Einsteins Idee widerlegt
Die Physik hat damit Einsteins Gedankenexperiment widerlegt. Denn das Team konnte sogar den haltenden Laser abschalten und das Photon in der millionstel Sekunde messen, bevor die Atome zu Boden fielen. Dennoch blieb das Resultat gleich. „Einstein und Bohr hätten nie gedacht, dass ein solches Experiment mit einzelnen Atomen und einzelnen Photonen möglich ist“, sagt Ketterle. Tatsächlich gelang es nur dank extrem präziser Steuerung der sogenannten Quantenunschärfe.
Was diese Studie für die Physik bedeutet, geht weit über die Lichtfrage hinaus. Sie beweist erneut, dass Beobachtung in der Quantenwelt das Verhalten der Teilchen verändert. „[…] entscheidend ist nur die Unschärfe der Atome“, so Erstautor Vitaly Fedoseev in der MIT-Mitteilung. Je unschärfer die Atome gehalten werden, desto eher zeigen Photonen teilchenartiges Verhalten.
Quellen: Space.com, MIT
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